piwik no script img

„Das Schiff wäre ohnehin gesunken“

■ Der Untergang der „MS Scantrader“ kommt nicht vor Gericht

Empörung bei der Gewerkschaft ÖTV: „Ein Schlag ins Gesicht für alle Seeleute“, schimpft Klaus Meyer von der Abteilung Schifffahrt. Grund des Zorns: Das Landgericht Hamburg hat die Eröffnung des Prozesses gegen die Reeder Heinrich und Heiner Beutler sowie Geschäftsführer Jerzey Kulokowski abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen des Untergangs des Hamburger Frachters „MS Scantrader“ am 11. Februar 1990, bei dem 12 Seeleute den Tod fanden, Anklage wegen Mordes und fahrlässiger Tötung erhoben.

Das Schiff, das bei Windstärke 10 aus dem Hafen von Bilbao (Nordspanien) in See gestochen war, soll mit 2 400 tons Zement überladen gewesen sein, Stabilität sowie Seetüchtigkeit seien nicht gewährleistet gewesen. Bei schwerer See lief die „Scantrader“ voll Wasser und sank, alle Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Für die Ankläger ein klarer Fall von Mord aus Habgier.

Zudem wies das Schiff erhebliche Mängel auf. Die Reeder hätten mit gefälschten Unterlagen eine intakte Stabilitätslage vorgetäuscht, so Meyer: „Die Maschinenanlage war so verrottet, daß jederzeit ein Black out möglich war. In einem Sturm verheerend.“ Der Kapitän hatte sich nach Recherchen der ÖTV sein Patent in Panama gekauft, der 1. Offizier sei Alkoholiker gewesen und habe kurz vor der Entmündigung gestanden.

Das Landgericht begründet seine Verweigerung damit, daß das Schiff mehrfach überladen gefahren sei und die Reeder davon ausgehen konnten, daß auch diese Fahrt glücklich ende. Kernpunkt ist allerdings die These, das Schiff wäre auch bei intakter Stabilität gesunken: „Die Gutachten kamen zu dem Ergebnis, daß die Scantrader ohnehin bei ,Sturm und Leck' und ,Windstärke 10' untergegangen wäre“, so Gerichtssprecherin Monika Rolf-Schoderer.

Bei Löscharbeiten im Januar war nämlich ein Tank leckgeschlagen, den Reedern wären aber nur „ein paar Beulen“ gemeldet worden. Rolf-Schoderer: „Der Kapitän hat zwar später einen der Angeklagten vom Leck unterrichtet, es ist aber nicht mehr zu klären, welcher der drei Angeklagten dies gewesen ist und ob er die Informationen weitergegeben hat.“ Also: „Im Zweifel für die Angeklagten.“

Für Klaus Meyer ist die Argumentation nicht nachvollziehbar: Wenn man einen Gutachter frage, „ist es auszuschließen, daß ..., – dann wird er das immer verneinen.“ Es wäre auch nicht auszuschließen gewesen, so Meyer sarkastisch, „daß der 'Scantrader' ein Jumbo auf den Kopf fällt.“ Die Staatsanwaltschaft hat sofortige Beschwerde eingelegt. Kai von Appen

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen