: Wider vorweihnachtliche Spendensülzerei
■ Das bundesweit erste Restaurant für Obdachlose eröffnet in Altona
Integration obdachloser Menschen während des ganzen Jahres statt vorweihnachtlicher Spendenmentalität und sozialpädagogischer Sülzerei: Der Verein Jugendhilfe Ottensen hat nicht nur begriffen, worauf es bei der Hilfe für sozial Benachteiligte ankommt, sondern läßt auch Taten folgen: Anfang nächsten Jahres soll in einer ehemaligen Kneipe nahe des Spritzenplatzes in Ottensen das „bundesweit erste Restaurant für Obdachlose und gut Betuchte“ eröffnet werden. „Ziel ist, die unterschiedlichsten Menschen an einen Tisch zu bringen und vor allem armen Menschen, die sich sonst nie einen Restaurant-Besuch leisten könnten, das Essen im Lokal zu ermöglichen“, beschrieb Mitinitiator Paul Pauksch gestern anläßlich der Eröffnung der ersten Altonaer Aktionstage Obdachlosigkeit „unbedacht“ (24. November bis 2. Dezember) das Konzept.
Wer viel hat, bezahlt auch viel – nämlich bis zu 20 Mark pro Gericht – und ermöglicht damit den Solidaritätspreis für Obdachlose von zwei Mark. Während der Name für das Lokal – „Zum Zinken“ – schon feststeht und das Projekt von Bezirksamtsleiter Hans-Peter Strenge und auch Kultursenatorin Christina Weiss (SPD) gestern in den höchsten Tönen gelobt wurde, „fehlt noch die finanzielle Absicherung“, appellierte Pauksch, das geplante Restaurant mit Spenden zu unterstützen. Denn seit die Idee vor etwa einem Jahr entstand, wurden zwar schon 100.000 Mark gesammelt, „aber wir brauchen mindestens eine halbe Million als Startkapital für Umbau und laufende Kosten.“
Einen Vorgeschmack auf das künftige Restaurant bietet ein provisorisches Zelt, das ebenfalls gestern vor dem Altonaer Bahnhof eröffnet wurde und während der Aktionstage zu gestaffelten Preisen zwischen zwei und zwölf Mark einen Mittagstisch anbietet. Über diese Einnahmen und auch die Erlöse der anderen Veranstaltungen der Aktionstage wie Theatervorstellungen, Filme und Gesprächsforen soll das fehlende Geld in die Kasse kommen. Dazu gehört auch die Verkaufsausstellung „Kunst tut wohl“ mit Werken von 50 Hamburger KünstlerInnen, die gestern im Altonaer Theater eröffnet und dort bis zum 2. Dezember zu sehen ist.
An den Aktionstagen beteiligen sich rund 30 Altonaer Institutionen, darunter die Volkshochschule Hamburg-West, das Altonaer Theater, die Jugendhilfe Ottensen und der Arbeitskreis Wohnraumversorgung. „Von so einer völlig unbürokratischen Organisation und der Zusammenarbeit der Vereine im Stadtteil können andere Bezirke lernen“, bewunderte ein Mitarbeiter der Verwaltung im Bezirk Mitte das Engagement.
Heike Haarhoff
Spenden für das Restaurant unter dem Stichwort „Zum Zinken“ auf das Konto der Jugendhilfe Ottensen e.V., Haspa, BLZ: 200 505 50, Konto-Nr.: 1042/215 242. Um Sach- und Kleiderspenden für Obdachlose bitten auch der Selbsthilfeverein Oase e.V.,
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen