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Wie ich einmal einen Heizungsmonteur ermordete    ■ Von Susanne Fischer

Komisch. Alle Kolumnen handeln fast immer nur von grausigen Zugfahrten oder schrecklichen Handwerkern. Sind wir alle so fantasielos? Nein. Es liegt daran, dass wir in Wahrheit von der Bundesbahn und der Handwerkskammer regiert werden. Und meinetwegen noch von Schröder. Der ist aber bloß eine Marionette der Heizungsmonteur-Innung.

Ich gelte in unserer Familie als „die Praktische“. Das will nicht viel heißen, wenn ich mir angucke, wie meine Nächsten bereits bei einfachen Aufgaben scheitern, sei's das sprichwörtliche Birneneinschrauben oder auch bloß das Türaufschließen. Unsere heimische Heizung hatte am Anfang ihre Mucken, derer ich mehr oder weniger gut Herr wurde. Ich ließ Wasser in den Kessel nachlaufen, schraubte hier und da ein wenig herum und war im Grunde nur wenig überrascht, als es eines Nachts einen Explosionsknall gab und die Wohnung unter Wasser stand. Da war ein Schlauch geplatzt. Als „die Praktische“ hatte ich keine Mühe mit dem Aufwischen. Es ging mir auch beim zweiten und dritten Mal noch leicht von der Hand. Dann kam der breit grinsende Heizungsmonteur und schloss den Schlauch an einer völlig anderen Stelle an. Schon waren die Probleme gelöst, abgesehen davon, dass mir im Traum von nun an grinsende Heizungsmonteure erschienen, die im Chor „Ist doch kein Thema“ sangen und über meinen Schreibtisch steppten.

Vor einigen Tagen aber fiel im Büro die Heizung aus. Ich saß ganz alleine da und fror. Niemand konnte mir helfen. Es ist eine andere Heizung als bei uns zu Hause, und ich traute mich nicht, irgendwelche Schläuche umzusetzen. Praktisch, wie ich nun einmal bin, verfiel ich auf die gute Idee, den Heizungsmonteur anzurufen. „Ich kümmere mich drum“, erwiderte er. Nach dem Auflegen wird er „Ist doch kein Thema“ gemurmelt haben, denn wer diesen Spruch nicht beherrscht, bekommt sein Meisterdiplom nicht. Mit klammen Fingern saß ich vor dem Computer, in Jacke und Schal. Eine Stunde, zwei Stunden. Niemand wollte mir helfen. Zwischendurch stand ich auf, um mich warm zu laufen, und fand auf dem Schreibtisch des Kollegen den Heizungswartungsnachweis, der gerade zwei Tage alt war. Dies ließ meine Laune überschäumen. Nach einer weiteren Stunde rief ich wiederum an.

„Ich kümmere mich drum“, säuselte er mit einer Stimme wie warmer Sommerwind. Nach fünf Stunden kam er; ich fiel ihm als Eiszapfen entgegen. „Das haben wir gleich“, sagte er grinsend. Und tatsächlich, was soll ich sagen, sein Kollege hatte vergessen, nach der Wartung die Heizung auf „Winterbetrieb“ zu stellen. Falls Sie jetzt glauben, es gäbe an der Heizung („Bedienungskonsole!“ korrigierte der Monteur) einen gut sichtbaren Schalter, an dem „Winterbetrieb“ steht, muss ich Sie enttäuschen. Es handelt sich um ein kleines Rädel, das mit einer stilisierten, vierkantigen Schneeflocke „markiert“ ist. Die sieht aber eher aus wie ein Monteursgalgen. „Sie können auch auf Handbetrieb umstellen“, grinste der Monteur. Er wirbelte fünf Schalter herum, schnippte eine Kappe ab und wirbelte noch mal. „Ganz einfach!“, grinste er noch breiter, „und schönes Wochenen- aarrghs.“ Ich hatte ihm meinen Schal um den Hals gewirbelt. Ganz einfach. Ist doch kein Thema.

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