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Integration auf dem Papier

Die neue „Altfallregelung“ schafft nur bedingt Perspektiven für abgelehnte Asylbewerber. Die meisten werden trotzdem abgeschoben  ■ Von Elke Spanner

Ein halbgefülltes Glas ist halb voll oder halb leer – Ansichtssache. Über die am Freitag von der Innenministerkonferenz beschlossene Altfallregelung für Flüchtlinge titelte die Springerpresse am Wochenende: „20.000 abgelehnte Asylbewerber dürfen bleiben“, und Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) verkündete stolz, man habe „ein Bleiberecht beschlossen“. In der Tat ist die Vereinbarung eine große Erleichterung für die Flüchtlinge, denen nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland endlich eine Perspektive geboten wird. Weit größer ist jedoch die Zahl der Altfälle, die trotzdem abgeschoben werden.

Denn die Regelung, so heißt es, soll Flüchtlinge begünstigen, deren Asylverfahren sich über Jahre hinzog und die sich zwischenzeitlich „faktisch integriert“ haben: „wirtschaftlich, sozial, rechtlich“. Dabei tun die Behörden alles, um eben jene Integration zu vermeiden.

So dürfen die Flüchtlinge nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein, sondern müssen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Dabei dürfen Menschen mit Duldung nur in seltenen Ausnahmefällen arbeiten. Die kurdische Familie D. hat sich seit Jahren vergeblich darum bemüht. Vor Monaten hatten die Eltern von fünf Kindern, die seit 1992 in Hamburg leben, der Ausländerbehörde die Bescheinigung einer Firma vorgelegt, dass der Vater dort als Reinigungskraft vollzeit arbeiten könnte. Dennoch erklärte der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde der Familie im September auf Nachfrage am Telefon, dass sie auf die Altfallregelung nicht zu hoffen brauchten – schließlich würden sie von Sozialhilfe leben. „Verhöhnung“, nennt das Anne Harms von der kirchlichen Beratungstelle „Fluchtpunkt“.

Auch der Ghanaerin Georgina G. wurde im September bereits mitgeteilt, dass sie kein Altfall sei – obwohl sie seit 13 Jahren in Hamburg lebt und ihre Tochter Roda hier geboren wurde. Denn das „drei Jahre andauernde Asylverfahren endete bereits vor neun Jahren, der weitere Aufenthalt beruhte auf anderen Gründen“. Im Klartext: Hätte sie damals nicht geheiratet, wäre sie bereits vor neun Jahren abgeschoben worden. Schlechte Karten hat auch die albanische Familie S., die seit 1993 in Lübeck wohnt. Sie wäre zwar ein klassischer Altfall – ist allerdings 17 Tage nach dem am Freitag vereinbarten Stichtag 1. Juli 1993 eingereist.

Schon die erste Härtefallregelung, 1996 von der alten Bundesregierung verabschiedet, hatten die Ausländerbehörden restriktiv angewandt. Statt der in Aussicht gestellten 60.000-70.000 Fälle wurden bundesweit nur 7800 Flüchtlinge anerkannt. Gibson B. war nicht darunter. Zwar lebt er seit gut 25 Jahren in Hamburg. Nach 18 Jahren war er im Frühjahr 1991 jedoch nach Ghana abgeschoben worden und sieben Monate später wieder eingereist.

Ein Altfall ist er dennoch nicht: Im August 1997 argumentierte die Hamburger Ausländerbehörde, er habe sich schließlich „nicht durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten“.

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