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Musik für die Bandbreite des Gefühlslebens

betr.: „Berliner Simulation“ (Klezmer-Musik), taz vom 19. 11. 99

[...] Hat Ihnen noch nie jemand gesagt, warum er diese Musik liebt? Bei mir begann es auch mit einer Scheibe von G. Feidmann und seiner schmachtenden Klarinette. Ein bisschen wie Constantin Motoi auf der Panflöte. Aber der spielt nur in Kirchen.

Dann erhielt ich den Tip mit dem Labsaal in Berlin-Lübars. Dort bemüht sich der gleichnamige Verein schon lange, die Klezmer-Musik hier heimisch zu machen und den Bands ein Publikum zu schaffen. Was auch gelungen ist. Von wegen Berliner Republik!

Klezmer-Musik kann so schön in die Beine gehen und ans Herz. Fröhlich, frisch, rhythmisch oder auch melancholisch. [...] Sehr viel früher mochte ich Gospels, aber die Klezmer-Musik ist mir näher. Auch die Musik mancher irischer Gruppen (zum Beispiel De Dannan) hat für mich einen ähnlichen Charakter. Es ist doch erfreulich, wenn eine solche Musik auf Resonanz stößt, die an einem Abend die ganze Bandbreite des Gefühlslebens anspricht.

Ach, und dann gab es noch jenen Abend im Labsaal, ich glaube mit „Brave Old World“, an dem auch eine israelische Jugendgruppe zu Gast war. Sie schienen sich nicht übermäßig für die Musik zu interessieren, flezten ein wenig rum, kauten Kaugummi. Zum Schluss wurde das Lied „Messiach wird kummen“ vorgetragen. Obwohl mir religiöses Gefühl fremd (geworden) ist, fand ich den Vortrag mitreißend; ich war überrascht, dass hier plötzlich etwas von der alten Messiassehnsucht lebendig wurde. Und die Jugendlichen richteten sich plötzlich auf, wurden ernst und feierlich und sangen mit, als wäre es ihr persönliches Gebet.

„Nachweis moralischer Reife“ – meine Güte! Hätten Sie und die Autoren Ottens/Rubin es nicht auch 'ne Nummer kleiner da?

Meinhard Schröder, Berlin

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