: Europäische Union knickt vor bulgarischen AKW ein
■ Damit das AKW Kosloduy geschlossen wird, ist die EU bereit zu zahlen
Sofia (dpa/AP/taz) – Damit wenigstens ein Atomkraftwerk im Osten abgeschaltet wird, ist die Europäische Union bereit zu zahlen. Bulgarien und die EU haben sich am Montag in Sofia auf Abschaltfristen im Atomkraftwerk Kosloduy gegen Ausgleichszahlungen geeinigt. Noch vor wenigen Wochen hatte die EU gedroht, Bulgarien erst zu Beitrittsverhandlungen einzuladen, wenn die vier älteren Reaktoren des Kraftwerkes Kosloduy abgeschaltet werden.
Auf dem nächsten EU-Gipfel soll der Kreis der Beitragskandidaten um Bulgarien, Rumänien, Lettland, Litauen, die Slowakei und Malta erweitert werden. „Ich zweifle nicht daran, dass beim EU- Gipfeltreffen in Helsinki Bulgarien zu Aufnahmeverhandlungen eingeladen wird“, sagte Günter Verheugen, der für die Erweiterung der Europäischen Union zuständige EU-Kommissar. Er sprach vor Journalisten nach seinem Gespräch mit dem bulgarischen Regierungschef Iwan Kostow in Sofia. Nach den Worten Verheugens und Kostows soll Bulgarien bis zu 250 Millionen Euro jährlich bekommen, um „einen Energiesektor zu schaffen, der betriebssicher und konkurrenzfähig ist“. Ein Teil dieses Geldes soll auch für Kosloduy bestimmt sein, sagte Verheugen.
Es wurden jedoch keine konkreten Termine für die Abschaltung der Reaktoren genannt. Die EU geht damit in Vorleistungen, ohne sich vertraglich abgesichert zu haben, ob und wann Bulgarien die umstrittenen Reaktoren herunterfährt. Die Regierung in Sofia hatte allerdings angekündigt, die Reaktoren zwischen 2004 und 2012 vom Netz zu nehmen. EU-Kommissionspräsident Romani Prodi hatte zuvor erklärt, Bulgarien müsse ein annehmbares Datum für die Schließung nennen. Die konkrete Abschaltung soll in einem Memorandum festgehalten werden, das gleichzeitig in Sofia und Brüssel verbreitet wird.
„Wir haben das Ziel erreicht. Bulgarien wird zu Verhandlungen mit der Europäischen Union ohne Vorbedingungen eingeladen“, stellte Kostow fest. Verheugen sagte, die EU werde bemüht sein, Bulgarien bei der Überwindung von Hindernissen auf dem Weg zur Europäischen Union zu helfen. „Europa braucht Bulgarien als Vollmitglied, um zu garantieren, dass sich in diesem Teil der Welt Frieden und Stabilität durchsetzen.“ Die EU-Kommission hatte im Oktober empfohlen, beim EU- Gipfeltreffen in Helsinki Bulgarien nur dann zu Aufnahmeverhandlungen im Jahr 2000 einzuladen, wenn „gegenseitig annehmbare Fristen“ zur Abschaltung der ersten vier umstrittenen Reaktoren in Kosloduy vereinbart werden und die Wirtschaftsreformen in Bulgarien greifen.
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