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Zeichen eines Schockes?

Kultursenator Roloff-Momin plauderte am Mittwoch über die Ergebnisse seiner Amtszeit. Was er da noch nicht wissen konnte: Der Schiller-Schwenkow-Vertrag kann unterzeichnet werden  ■ Von Petra Kohse

Hat er nun Anlaß zu Stolz oder zu Selbstkritik? Kultursenator Ulrich Roloff-Momin, der am Mittwoch bei den „6. Dahlemer Kulturpolitischen Gesprächen“ seine Amtszeit resümierte, tendierte gewohnheitsmäßig zu trotzigem Stolz. Kein Wunder: Wer in den letzten fünf Jahren die wohl schwierigste Phase der Berliner Kulturpolitik seit 1949 verantworten mußte, braucht ein dickes, besser: dickeres Fell.

Indes, von einer erfolgreichen Zeit zu sprechen, hieße die Maßstäbe allzusehr den Umständen anzupassen. Irgendwie hat es zwar eine Kulturpolitik gegeben seit 1991, aber falls die SPD auch in der nächsten Regierung den Kultursenator stellen darf, wird dieser wohl kaum Roloff-Momin heißen. Dennoch: Kulturausschußmitglied Nikolaus Sander, der den „fast parteilosen“ (Publikumsstimme) Senator im Namen der SPD ins sogenannte Herrenhaus der Domäne Dahlem geladen hatte, wollte ihn keineswegs vorführen.

Vor etwa 50–60 GenossInnen und allgemein Interessierten, wurde entspannt geplaudert, von der „Philosophie des Anfangs“ (Ost-West-Diplomatie) bis zur Publikumsfrage, welchen Schwerpunkt Roloff-Momin in der nächsten Legislaturperiode setzen würde (Antwort: „Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Bildende KünstlerInnen“).

Die aktuellen kulturpolitischen Entscheidungen wurden nur am Rande erwähnt. Geradezu leidenschaftslos faßte der Senator die zukünftige und mehr als dürftige Hauptstadtförderung des Bundes zusammen, die das Kuratorium zur Hauptstadtfinanzierung, dem Roloff-Momin selbst angehört, am gleichen Tag beschlossen hatte: Ab 1996 bis zum Jahr 2000 werden die Staatsoper, die Deutsche Oper, das Konzerthaus und das Deutsche Theater jährlich mit 60 Millionen Mark unterstützt.

Daß diese 60 Millionen vom Land nicht eingespart, sondern für andere Einrichtungen verwendet werden können, würde man zukünftig parlamentarisch wohl hart erkämpfen müssen, vermutete der Senator – jedoch ohne spürbaren Kampfgeist.

Kein Wort verlor er über die Institutionen, die ebenfalls bundesweit relevant sind und entsprechend finanziert werden müßten: Haus der Kulturen der Welt, Hebbel Theater, Philharmoniker und das Internationale Institut für Traditionelle Musik.

Die Zeit der Desaster wird andauern

Und wie selbstverständlich betonte er, daß der ab 1996 existierende Bundeskulturfonds für Sonderprojekte in der Hauptstadt in Höhe von fünf Millionen Mark für Peter Steins „Faust“-Projekt verwendet werden könne. Dies wäre jedoch ein deutlicher Schlag gegen den Rat für die Künste, der noch vor der Sommerpause hoffte, daß der Kulturfonds ein flexibles Instrument sein könne, einzelne Projekte der bestehenden Einrichtungen zu ermöglichen.

Nun gut, worüber also sprach dieser zweifellos sympathisch, aber müde wirkende Kultursenator? Er verteidigte abermals die Notwendigkeit, das Schiller Theater geschlossen zu haben und die Entscheidung, das Haus an Peter Schwenkow zu vermieten, konnte auf die Frage, ob Schwenkow das Haus denn wohl länger als bis zum Jahr 2000 betreiben würde, aber auch nur sagen: „Das werden wir erst im Jahr 2000 wissen.“

Seit gestern steht einer Unterzeichnung des Vertrags übrigens auch nichts mehr im Wege: Der unterlegene Mitbewerber Wolfgang Bocksch hat es vorgezogen, seine Klage auf einstweilige Verfügung am Landgericht Berlin zurückzuziehen.

Aber zurück ins Herrenhaus am Mittwoch abend. Roloff-Momin führte auf seiner Habenseite das Theaterfinanzierungskonzept an, das Privattheatern (ohne künstlerische Begutachtung!) eine fünfjährige Planungssicherheit gewährte und die Staatstheater aus der Kameralistik entließ.

Dann nickte er zu den Wünschen der Anwesenden, eine Privatisierung der Musikschulen zu verhindern und nickte auch zu Sanders Ausführungen über das zu erlassende Landeskulturgesetz, das die kulturellen Aufgaben von Land und Bezirken regelt.

Er sagte nichts zu dem Vorschlag des Leiters der Stiftung Stadtmuseum, Reiner Güntzer, in den Museen einen eintrittsfreien (Wochen-)Tag einzurichten und an den anderen Tagen auf Ermäßigungen zu verzichten, was auf eine Klassentrennung des Publikums hinausliefe. Dafür prophezeite er am Ende: „Wir sind mit dem finanziellen Desaster in dieser Stadt noch nicht überm Berg.“

Fünf Jahre sozialdemokratisch angehauchte Kulturpolitik in dieser Stadt. Fünf-Jahres-Versuch einer Bestandssicherung: Mangelverwaltung hier, Bettelei in Bonn, Ost-West-Diplomatie. Fünf Jahre Kanalisierung eines anschwellenden Problemstroms, fünf Jahre letztlich auch Aussitzen. Konzeptionen waren rar, gehandelt wurde spontan, das heißt: unter Druck.

Die neueste Produktion des R.A.M.M.-Theaters im E-Werk (vgl. taz vom 14. 9.) ist diesbezüglich ein Sinnbild für die Amtszeit Ulrich Roloff-Momins. Die kulturpolitischen Entscheidungen der Jahre 1991 bis 1995 als „Zeichen eines Schockes“. Schluß damit. Was kommt als nächstes?

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