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■ betr.: Kruzifix

Bravo! Endlich mal wieder ein Machtwort nach echter bayerischer Art: „Die Kruzifixe bleiben in Bayern (auf Teufel komm raus) hängen“. Toll! Theo Waigel meint, die Richter dürfen sich „nicht als politische Entscheidungsinstanz verstehen“. Ich würde dem Bundesland Bayern doch gleich empfehlen, aus der Bundesrepublik auszutreten. Dann braucht es sich auch nicht mehr über Verfassungsgerichtsurteile aus Karlsruhe so theatralisch aufzuregen.

Im übrigen war das Urteil nicht politisch, sondern besagt lediglich, daß der Staat beziehungsweise die Politik sich aus der Religion heraushalten soll ... ganz im Einklang mit dem Grundgesetz. Im übrigen grenzt eine Mißachtung von Gerichtsurteilen nicht an Demokratie, sondern an Diktatur. Warum dieses ganze Affentheater um das Kruzifix? Warum gehen Waigel und Stoiber nach „abendländischer Manier“ im restlichen Deutschland nicht auf Kreuzzug, um die restlichen Menschen mit Gewalt zu bekehren. Schließlich ist die CSU ja eine christliche Partei. Stephan Hübner, Nürnberg

[...] Wenn bestimmte politische Kreise an der Verbindlichkeit verfassungsgerichtlicher Urteile zweifeln, ermöglicht dies tiefe Einblicke in deren „wahres“ Verfassungsverständnis. Das Grundgesetz ist kein „Rosinenkuchen“ aus dem „man“ sich jeweils die einem gerade passenden „Rosinen“ herauspicken kann. Es ist auch dann verbindlich, wenn es bestimmten Kreisen politisch nicht paßt. Wer daran rüttelt, riskiert die innere Erosion der Legitimität der Verfassungsordnung. Letztlich fragt sich, ob die Stoßrichtung der Kritik wirklich auf diesen nicht sonderlich wichtigen Beschluß zielt, oder ob es nicht letztlich darum geht, die liberale Linie der Rechtsprechung des Ersten Senats des BVerfG insgesamt zu „kippen“.

Es gibt schon gewisse bayerische Merkwürdigkeiten: Die gleiche Landesregierung, die sich so vehement für den Verbleib von Kruzifixen als Symbol für ein christliches Weltverständnis aufgrund strikten Gesetzesbefehls einsetzt, ist auf der anderen Seite nach neueren Meldungen nicht einmal mehr bereit, in einzelnen Härtefällen ein (rechtlich sicherlich fragwürdiges) Kirchenasyl zu akzeptieren, nachdem sie selbst den fragwürdigen Vorschlag einer Kontingentlösung für Asyl-Härtefälle in die Welt gesetzt hat. Wer Freiheiten und Toleranz für sich einfordert, sollte auch bereit sein, diese selbst zu gewähren. Ralf Hansen, Düsseldorf

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