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Pazifismus ist kein Luxusgut

■ betr.: Leserbrief „Pazifistischer Selbstbetrug“ von Klaus Jarchow, taz vom 4. 8. 95

[...] Die Argumentationsweise des Klaus Jarchow ist idealtypisch für die ewige Heuchelei von Leuten, denen in Wahrheit nichts am Frieden gelegen ist. Das Motto: „Wir wären ja so gerne friedlich ... leider sind die Verhältnisse aber nicht danach, weil die bösen ...“ zieht sich durch die Geschichte wie ein roter (na ihr wißt schon!). Wiedererkennungswert: enorm.

Wer bitteschön verhält sich im Balkankrieg pazifistisch? Eine der Kriegsparteien vielleicht? Selbst die moralisch offenbar überlegenen Bosnier haben eine Armee, deren Trachten es logischerweise ist, Menschen zu töten; nun läuft die Sache aber etwas zu einseitig, da die bösen Serben perfiderweise schlimmere Waffen haben (gegenüber den heiligen Geschützen der Bosnier und den mittelschlimmen Kroaten), und daher tritt die UNO auf den Plan: Sie wünscht einen etwas ausgeglicheneren Verlauf, ist an der Beendigung des Krieges offenbar – wie alle anderen auch – aber nicht interessiert. Nein, der Krieg soll lediglich ein wenig menschlicher gemacht werden, kein Giftgaseinsatz (der ist ungesund im Gegensatz zu den ökologisch unbedenklichen konventionellen Waffen) und Feuerpause an Weihnachten.

Ein solches Verhalten ist wohl kaum pazifistisch zu nennen, eher schon ist es das einer – wenn auch unentschlossenen – Kriegspartei.

Unter Pazifismus verstehe ich die Weigerung, Gewalt zu üben – egal wie die andere Seite auch agieren mag. Und das ist keine Haltung, die man/frau sich in absolut stabilen, rechtsstaatlichen und völlig demokratischen Zeiten mal kurz leisten darf, als Luxusgut sozusagen.

Pazifismus, Herr Jarchow, ist der einzige Ausweg, das Schlachten endlich zu beenden. Claudius Gromer, Weingarten

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