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Lehrstellen-Geschacher

■ Bonn gegen Lehrstellenprogramm und gegen Zwangsabgabe für Betriebe

Berlin (taz/AP) –In den neuen Bundesländern fehlen rechnerisch nach wie vor 60.000 Lehrstellen. Trotzdem will die Bundesregierung weder ein neues Hilfsprogramm auflegen noch eine Zwangsabgabe für nicht ausbildungswillige Betriebe einführen. Dies betonte Kanzleramtsminister Friedrich Bohl am Mittwoch abend nach der vierten Gesprächsrunde von Wirtschaft und Gewerkschaften mit Bundeskanzler Helmut Kohl. Bildungsminister Jürgen Rüttgers erklärte, die Regierung gehe davon aus, daß die Wirtschaft ihre Zusage erfülle und in diesem Jahr 600.000 Ausbildungsplätze bereitstelle.

Im März hatten die Spitzenvertreter der Wirtschaft die Hoffnung geäußert, daß Unternehmen und Verwaltungen ein Lehrstellen- Plus erreichen könnten; dies wurde als „Lehrstellen-Garantie“ hochgejubelt. Damit ist es nicht weit her, wie aktuelle Zahlen zeigen. In den neuen Ländern standen Ende Mai 98.600 BewerberInnen für Ausbildungsplätze auf den Listen der Arbeitsämter (Vorjahr: 84.778). Ihnen standen 25.700 offene Lehrstellen zur Verfügung (Vorjahr: 25.324). Im Westen waren noch 164.000 Jugendliche ohne Zusage, bei 173.500 offenen Plätzen. Im Zeitraum von Oktober bis Mai wurden den Arbeitsämtern nicht mehr, sondern weniger Lehrstellen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres gemeldet. Vor Beginn der gestrigen Kanzlerrunde hatten Industrie, Handel und Handwerk allerdings eine „Trendwende“ beim Abschluß von Ausbildungsverträgen gemeldet. In Westdeutschland seien bis Ende Mai 1,8 Prozent mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen worden als im Vorjahresmonat, in Ostdeutschland sogar 15,8 Prozent. DGB-Chef Dieter Schulte sieht darin aber allenfalls einen abgeschwächten Negativtrend.

Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung mit der sogenannten „Gemeinschaftsinitiative Ost“ noch 12.800 subventionierte außerbetriebliche Lehrstellen in die Statistik gezaubert. Hierbei lernen die Jugendlichen in Lehrwerkstätten freier Träger. 71,2 Prozent dieser Auszubildenden waren Mädchen, „weil die es besonders schwer haben, eine betriebliche Lehrstelle zu finden“, erklärt Joachim Ulrich vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Die Diskriminierung der Mädchen im Osten läßt sich allerdings auch mit subventionierten Lehrstellen kaum beheben: Mehr als die Hälfte der Mädchen, die eine außerbetriebliche Lehre absolvierten, waren drei bis neun Monate nach der Ausbildung arbeitslos. Das ergab eine Befragung des IAB-Forschungsinstituts in Nürnberg. Barbara Dribbusch

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