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Konkurrenz ohne Chance

■ Kampf um das Schiller-Theater: Konkurrenten sehen sich bei der Vergabe des Spielorts benachteiligt und bieten mehr

Die geplante Vermietung des Schiller-Theaters als Musicalspielstätte sorgt für neue Aufregung um die vor zwei Jahren geschlossene Staatsbühne. Die Bekanntgabe der Konditionen für die künftigen Betreiber, das ist der Berliner Konzertmanager Peter Schwenkow zusammen mit der Hamburger Stella AG von Rolf Deyhle („Cats“, „Starlight Express“), rief die Konkurrenten auf den Plan.

Der Mannheimer Konzertveranstalter Wolfgang Bocksch, der derzeit das Schiller-Theater erfolgreich mit Broadway-Musicals bespielt, und der Produzent Friedich Kurz („Shakespeare & Rock 'n' Roll“) warnen vor einem Deyhle- Monopol in Berlin.

Bocksch und Kurz werfen Kultursenator Ulrich Roloff-Momin Ausschaltung der Konkurrenz vor. In der freien Wirtschaft sei so ein Vorgehen „wirtschaftskriminell“ zu nennen, meinte Bocksch. Mit Hilfe von Schwenkow könne Deyhle, der auch am Potsdamer Platz ein Musicaltheater eröffnen will, sein Monopol ausbauen.

Empört zeigte sich besonders Kurz auch über die sehr günstig erscheinenden Konditionen für die Vermietung des Schiller-Theaters. Er bot sogar an, weitaus mehr zu zahlen. Offen bleibt, warum der Kultursenator im ganzen letzten Jahr nur mit Schwenkow verhandelte. Roloff-Momin beruft sich auf eine Senatsentscheidung.

De facto wird Schwenkow in den ersten zehn Jahren nur rund 8.000 Mark Miete jährlich zahlen. Die veranschlagte Jahresmiete beträgt zwar 408.000 Mark für 1.500 Quadratmeter Büroräume. Doch kommt das Land Schwenkow entgegen, weil er 5 Millionen Mark in die Renovierung investieren will. Die Kreditbeschaffungskosten mit einem angenommenen Zinssatz von 8 Prozent will man ihm zehn Jahre lang erlassen. Das macht 400.000 Mark im Jahr. Zum Vergleich: Kurz zahlt für die ehemalige Freie Volksbühne 2 Millionen Mark Jahresmiete. Das Theater an sich bekommt die Schwenkow- Gruppe „kostenneutral“. Es fallen lediglich die Betriebskosten von 880.000 Mark an. – Somit wird das Land an der Vermietung der Immobilie in bester Lage vorerst wohl gar nichts verdienen. Roloff-Momin pries als Verhandlungserfolge die Rettung des Theatertreffens, die Bespielung der Werkstatt durch das carrousel und das Grips Theater sowie die Nutzung der Werkstätten durch mehrere Theater an. „Kompromisse, mit denen man hervorragend leben kann“, lautete sein Fazit. Schwenkow betreibt auch den Berliner Wintergarten, die Waldbühne und in Wien das Musicaltheater Ronacher.

Noch ist der Vertrag nicht über die Bühne. Das letzte Wort hat der Senat in etwa drei Wochen. Bocksch und Kurz überlegen, bis dahin rechtliche Schritte einzuleiten.

Während der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Klaus Landowsky, von einer „guten Entscheidung des Kultursenators“ sprach, hieß es in der PDS-Fraktion „Gaunerstück“. Nach den Worten Landowskys ist das Schiller-Theater beim CDU- Mitglied Schwenkow, der die kulturelle Landschaft Berlins in den letzten Jahren außerordentlich belebt und erweitert habe, „in besten Händen“. Der PDS-Abgeordnete Dieter Klein meinte, Schwenkow sei es gelungen, den „Senat auf die Übernahme der Zinsen für seine Investitionen zu verpflichten“. Jutta Lehmer/dpa

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