: Selber machen
SONED Friedrichshain“ fördert Solarprojekte in Nigeria:Know-how soll Ausbildungsstätte liefern ■ Von Ole Schulz
Wer Nigeria besucht, sollte sich darauf einstellen, dass ständig der Strom ausfällt. Manchmal tagelang. Auch Benzin ist knapp und, wenn überhaupt, nur für völlig überhöhte Preise zu bekommen – und das, obwohl das Land riesige Erdölreserven besitzt. Der Kampf um den wichtigsten Rohstoff Nigerias hat nicht nur die Umwelt des Nigerdeltas zerstört, sondern auch das Geschäftemachen mit dem schwarzen Gold forciert. Öl wird unterschlagen und zuletzt teuer ins Ausland verkauft. Regelmäßig fehlt dem bevölkerungsreichsten Land Westafrikas daher der Sprit, um die Stromkraftwerke anzutreiben – nicht nur der Moloch Lagos ist dann plötzlich in pechschwarze Nacht gehüllt. Die es sich leisten können, haben sich eigene Generatoren angeschafft – und wenn sie Glück, Geld und Beziehungen haben, können sie vielleicht auch den nötigen Treibstoff auftreiben.
Warum nicht auf regenerative Energien umsteigen, um diesen Kreislauf zu durchbrechen? Die Idee, angesichts der desolaten Lage die Energieversorgung in Nigeria lokal und autonom zu organisieren, liegt nahe. Genau das versucht „SONED Friedrichshain“ voranzutreiben: Der gemeinnützige Verein kooperiert seit vier Jahren mit Community-Umweltprojekten in Afrika, im vergangenen Jahr hat Soned auf einer Farm bei der nigerianischen Küstenstadt Badagry, direkt an der Grenze zu Benin, ein durch Spenden finanziertes „Solar Home System“ installiert – damit wird Strom erzeugt, der Licht spendet, Radio und Kühlschränke antreibt. Mit einem schlichten Solarkocher, bei dem ein Parabolspiegel das Sonnenlicht bündelt, wird in einer benachbarten Schule gekocht.
Ziel aber ist der Aufbau einer richtigen Ausbildungsstätte auf der Farm: In dem „Institute for Environmental Technology“ sollen einmal Kenntnisse über Solartechnik und regenerative Energien samt den dazugehörigen handwerklichen Fertigkeiten sowie Methoden des biologischen Anbaus gelehrt werden. Weiterbildung steht im Vordergrund: „Es bringt nichts, Solaranlagen aufzubauen, ohne das Fachwissen für die Wartung zu vermitteln“, sagt Ulrich Jadke, der Solarxperte von Soned. Bei seinen Reisen durch Afrika hat Jadke schon viele hochtrabende Entwicklungshilfeprojekte gesehen, die schnell wieder eingeschlafen sind, weil sich keiner mit der Technik auskannte.
Für Olanrewaju „Lanry“ Odubela von Soned ist das Vorhaben vor allem auch ein Schritt zur Selbsthilfe – gegen die Korruption, die in seiner Heimat Nigeria nirgendwo Halt macht: „Willkür von Behörden und die ausufernde Korruption machen Selbstorganisation einfach notwendig.“ Lanry ist nicht nur einer der Initiatoren des Solarprojektes – bekannt in Berlin ist er vielmehr durch das „Shrine“: In dem kleinen Klub in der Kreutzigerstraße hat er jahrelang afrikanische Abende veranstaltet, mal spielten bei der „Malakuta Night“ am Montag die legendären Hippies von Embryo, ein anderes Mal bewirtete Lanry dort Fela Kutis Sohn Femi mit seiner Band.
Inzwischen hat Lanry eine Fortbildung zum Solartechniker absolviert und sucht nun Sponsoren, die zum Beispiel die Kosten von 500 Mark für einen Solarkocher übernehmen. Sein Traum ist, dass es den afrikanischen Staaten irgendwann gelingt, selbst Solarzellen herzustellen. Noch sind sie so teuer, dass sie sich in Afrika kaum jemand leisten kann. Silicium, den Grundstoff für Solarzellen, gibt es immerhin auf dem Kontinent. Bis fotovoltaische Technik in Afrika produziert wird, ist es aber ein langer Weg. Derweil ist Lanry erst einmal damit beschäftigt, Gelder für das Nigeria-Projekt zu beantragen und Einreisegenehmigungen für die kleine Soned-Delegation zu organisieren, die im Februar erneut nach Nigeria fahren will.
Wie Lanrys Kultstätte Shrine ist auch Soned aus der Friedrichshainer Hausbesetzerbewegung entstanden. Einige politisch bewegte junge Leute gründeten 1995 die Berliner Filiale von Soned, dem „Southern Network for Environment and Development“ mit Sitz in Nairobi. Mitte der Achtzigerjahre hatten sich Nichtregierungsorganisationen der südlichen Hemisphäre zu dieser „afrikanischen Initiative für eine umweltgerechte Wirtschaftsordnung“ zusammengeschlossen. Dazu sollen ländliche Strukturen wiederbelebt werden und sich „Graswurzelkommunen“ auf regionaler Ebene miteinander vernetzen. Nach einem Besuch bei Godfry M’Mwereria, dem Leiter von Soned Afrika, bauten die Berliner 1998 im kenianischen Karare eine Werkstatt für Solarkocher auf.
Wie wichtig die Qualifizierung der vor Ort beteiligten Partner ist, haben die Soned-Mitglieder schon bei ihrem ersten Afrika-Abstecher gemerkt: Der Kleinstadt Karare war vor Jahren eine Krankenstation als „Entwicklungshilfegeschenk“ spendiert worden – nur funktionierte die Kühlanlage für Medikamente schon lange nicht mehr, erinnert sich Ulrich Jadke. Denn niemand wusste, wie man sie instand hält. „Dabei hätte man nur etwas Wasser in die Batterien nachfüllen müssen.“
Kontakt: Telefon (0 30) 2 94 54 01. Spenden für den Aufbau des „In sti tute for Environmental Technology“ in Badagry an den SONED Friedrichshain e. V.: Ökobank, Kto.-Nr. 3401003796, BLZ 500 901 00, Stichwort Nigeria
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen