Da freut sich die grüne Quotentante

betr.: „Junge Männer in der Krise“, „Vom Aufklärer zum Ketzer“, taz vom 20. 12. 99

Ein Tabubrecher ist er also, der Herr Pfeiffer, dessen „bestechende Forschungsergebnisse (...) wenig Angriffsflächen für Kritik bieten“. Diese – doch irgendwie merkwürdige, oder? – Charakterisierung vermag ich nicht ganz zu teilen.

Zu verstehen ist sie schon. Schafft es dieser allgegenwärtige Spitzenforscher zum einen doch immer wieder, über den Umweg eines bombastischen Aufwandes Altbekanntes und Beliebtes zu bestätigen: Wer geprügelt wurde, wird gerne selbst zum Schläger: Auch wurde schon Mitte der 90er-Jahre eine Winner-Loser-Kultur hierzulande entdeckt. (Wo bleibt eigentlich die längst überfällige Forschung, diese einmal in Zusammenhang mit der so genannten geistig-moralischen Wende von 82 zu stellen?)

Vor allem aber versteht er es virtuos, durch die von versierten Methodologen viel beschworene „Komplexität“ des Bedingungsgefüges von allem und jedem hindurch (oder doch eher: daran vorbei?) immer wieder auf solche Aspekte zu focussieren, die mit der Political Correctness des typischen Bildungsbürgers der – wann eigentlich? – verschwundenen BRD unter schwieriger gewordenen Bedingungen eben doch noch kompatibel sind. Bei den jüngsten Forschungsbeispielen etwa: Nicht der ja eben schlimm benachteiligte Fremde schlechthin ist schuld an der zunehmenden Gewaltbereitschaft. Nein, Pfeiffer sei Dank, der Macho-Mann im Ausländer ist es. Wie noch genauer besehen weltweit und historienlang übrigens. Da freut sich die grüne Quotentante. [...]

Und siehe da: Wie sich jetzt endlich in bestechender Schärfe zeigt, ist eben kein Werteverfall im Gefolge von 68 oder der Verlust von deutschen Sekundärtugenden an allem schuld. Nein, da der rückständig staatsfixierte Ossi nicht nur öfters Nichtdeutsche verfolgt und totschlägt, sondern ganz früher auch signifikant häufiger in Töpfchen machen musste, die von Staats wegen in Reih und Glied gestellt waren, ist doch das Gegenteil bewiesen. Natürlich war es der Unrechtsstaat DDR in seiner verbrecherischen Gesamtheit, der hier unheilvolle Spätfolgen zeigt. Nicht Cohn-Bendit war’s, sondern doch wieder Honecker! Wundersam fügt sich schließlich doch alles ins sorgsam abgeschottete Weltbild. Knut Zille, Marburg