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Nigers bankrotte Militärs geben die Macht ab

Amtseinführung eines gewählten Präsidenten nach vier Jahren Militärherrschaft

Berlin (taz) – Die ausländischen Gäste, die zur gestrigen Amtseinführung des neuen Präsidenten von Niger in die Hauptstadt Niamey reisten, erlebten die Krise des Landes hautnah. Das Personal der staatlichen Telefongesellschaft streikte gegen Privatisierungspläne, sogar die Leitungen der Regierung legten sie lahm. Pünktlich zum Machtwechsel funktionierte also nichts.

Das erscheint wie eine ironische Replik auf die Siegesrede des neuen Präsidenten Mamadou Tandja, nachdem er die Präsidentschaftswahl am 24. November mit 59,9 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Damals lobte er „dieses Volk, das dank seiner politischen Reife und seines scharfen Verantwortungssinnes würdevoll bewiesen hat, dass es mehr denn je bestrebt ist, seine Zukunft in die Hand zu nehmen“. Deutlicher hatte sich die Zeitung Le Républicain geäußert: „Alle an die Arbeit!“ titelte sie ihren Kommentar zum Wahlausgang und beschrieb darin gleich das größte Problem der neuen Regierung: „Die Aktivitäten eines Staates neu zu starten, dessen Beamte permanent Freizeit machen, weil ihre Gehälter nicht bezahlt werden.“

Nach fast vier Jahren Militärherrschaft unter zwei verschiedenen Militärdiktatoren erbt Nigers neue demokratische Regierung eine Krise, die noch viel größer ist als die, weswegen das Militär Anfang 1996 das erste demokratische Experiment des bitterarmen Sahel-Staates per Putsch beendet hatte. Der Staat ist praktisch bankrott. Ausländische Geber und Investoren halten sich zurück, vor allem seit dem letzten Putsch im April diesen Jahres, als Oberst Daoud Mallam Wanké seinen Vorgänger Ibrahim Baré Mainassara erschoss – eine Tat, für die er sich und seinen Kollegen vor der Machtabgabe mittels Amnestie Straflosigkeit sicherte.

Die von Wanké initiierte Rückkehr zur Demokratie erlaubte ein Aufblühen zivilgesellschaftlicher und parteipolitischer Aktivitäten. Aber der neue Machthaber Tandja steht kaum in einer demokratischen Tradition. Er war zwischen 1974 und 1987 bereits Mitglied der damaligen Militärjunta. Seinen Wahlsieg erzielte er als Führer der früheren Einheitspartei MNSD (Nationale Bewegung für die Entwicklungsgesellschaft). Aber dass er die Wahlen gewann, verdankt er ausgerechnet einer Allianz mit Ex-Präsident Mahamane Ousmane, der 1993 Nigers erste freie Wahlen gewann und 1996 vom Militär gestürzt wurde. Die MNSD und Ousmanes Partei CDS (Demokratische Soziale Konvention) haben zusammen eine Parlamentsmehrheit – aber nur, solange die CDS Tandja unterstützt. Nigers neue Demokratie beginnt ihr Leben somit im Geist des Kompromisses.

Außenpolitisch bedeutet Tandjas Machtübernahme Kontinuität. Der neue Präsident ist nicht nur ein Freund der früheren Kolonialmacht Frankreichs, sondern auch Verbündeter der neuen Präsidenten der mächtigen Nachbarländer Nigeria und Algerien. Sein unterlegener Gegenkandidat Mahamadou Issoufou war hingegen der Favorit von Libyen und Burkina Faso, die beiden klassischen „Unruhestifter“ der Region. Auch dieser Umstand lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass Niger unter Mamadou Tandja wenig Schlagzeilen produzieren wird. Der Entwicklung des Landes kann das nur gut tun. Dominic Johnson

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