: Kriegsweihnacht 1939
■ Auch vor 60 Jahren war Weihnachten ein Tag für aktuelle Besinnlichkeiten
„In Deutschland ist Weihnachten stets ernster und inniger begangen worden als bei unseren westlichen Feinden. Wir feiern ein Fest der Dankbarkeit und Liebe im Familienkreis, im engsten Zirkel der Freunde, während in England sich lauter Trubel gesellschaftlichen Tamtams und Flirts unter den Mistelzweigen entfaltet und in Frankreich die ,Heilige Nacht' gegenüber dem Betrieb des Jahresendes völlig verblasst. So stellt bei uns Weihnachten ganz andere geistige Anforderungen als bei den Gegnern. Wir grübeln – auch wenn wir die christlichen Botschaften der Bergpredigt längst als unerfüllbar erkannt haben – gern über die Weihnachtsbotschaft: 'Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen ...“ Dies schrieben die Bremer Nachrichten am Weihnachtstag 1939. Weihnachten war immer Anlass für Besinnungen. Unter den Titelzug mit gekreuzten Tannenzweigen konnte gemeldet werden: Kapitänleutnant Prien von erfolgreicher Fahrt zurück, 26.159 Tonnen feindlichen Handelsschiffsraums versenkt.
Hitler besuchte die Front, die Bremer Nachrichten waren dabei: „Alle sind sie beherrscht von dem einen großen Gefühl der Freude, die der erste Soldat des Reiches durch sein Kommen zu ihnen auch dem letzten deutschen Soldaten gemacht hat.“
„Ein Licht leuchtet in der Finsternis“ ist die Schlagzeile der Bremer Zeitung, des NSDAP-Blattes, in der Weihnachtsausgabe 1939. „Der göttliche Funke der Offenbarung Adolf Hitlers fiel in die Wirrnis, die nach dem Zusammenbruch 1918 in Deutschland eingezogen war ...“ Es sei der „Tag der Wintersonnenwende“, versucht die Zeitung die Wendung ins Germanische. Friede werde es dereinst geben, „der mehr als nur ein Waffenstillstand ist: ein Friede nach deutschen Begriffen ...“
„Fast 60.000 Tonnen vernichtet“ heißt die Erfolgs-Meldung vom See-Kampf darunter. Während die konservativen Bremer Nachrichten fürs Allzumenschliche einen Blick auf die Soldatenweihnacht warfen, kommt die Nazi-Zeitung zur Sache: Eine ledige werdende Mutter hat an den Führer-Stellvertreter Rudolf Heß geschrieben, berichtet die Weihnachtsausgabe. Sie ist stolz, von einem deutschen Mann ein Kind zu gebären. Der allerdings weiß von seinem Vaterglück nichts, die letzten Briefe kamen zurück mit dem Stempel: „Gefallen für Großdeutschland“. Gibt es die Kriegerwitwen-Pension für Verlobte?
Der Antwortbrief von Rudolf Heß ist in voller Länge dokumentiert: Unehelichkeit ist keine Schande, wenn die Kinder „rassisch gesund“ seien – „gerade im Krieg, der den Tod vieler bester Männer fordert ...“
K.W.
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