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Reinigungsabteilung goes Saunaclub

Fast alle Berliner Badeanstalten verfügten über eine getrennte Reinigungsabteilung mit Einzelduschen und -wannen. Sie entstanden größtenteils Ende des 19. Jahrhunderts in den damals aus dem märkischen Sand gestampften Gründerzeitvierteln. Denn viele der Wohnungen verfügten nicht über ein eigenes Bad, sondern allenfalls über ein Außenklo auf „halber Treppe“.

Spätestens seit die jüngste Sanierungswelle durch die Altbauviertel schwappt, bleiben die öffentlichen Wannen immer häufiger trocken. Aber auch aus Mangel an Personal, Technik und Geld werden die Abteilungen geschlossen, heißt es von Seiten der Berliner Bäderbetriebe (BBB). Die Räumlichkeiten bleiben ungenutzt oder werden an Sonnenstudios oder Saunaclubs vermietet.

Anfang Dezember machte die Reinigungsabteilung im Stadtbad des sozial schwachen Bezirks Neukölln dicht. Empörte Badegäste schickten eine Beschwerde an die BBB und reichten eine Eingabe bei der zuständigen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein. Zusätzlich sammelten sie 188 Unterschriften.

Gegenüber der BVV führten die BBB zunächst technische Gründe für eine vorrübergehende Schließung an. Außerdem heißt es in der Mitteilung der BBB: „Vor Jahren noch ein Topangebot des Stadtbades, führt diese Einrichtung heute ein kaum genutztes Stillleben.“ Diese Aussage deckt sich nicht mit den Beobachtungen der Sportabteilung des Bezirksamtes Neukölln, dem früheren Betreiber des Bades, die in der Reinigungsabteilung jährlich rund 65.000 Anwendungen verzeichnen konnte. Bezirksbürgermeister Bodo Manegold (CDU) knarzt etwas von „BBB“ und „Ganovenbetrieben“. Eine Einrichtung dieser Art sollte in den Altbauvierteln erhalten werden, findet er.

Inzwischen wurden die Wasserrohre der Reinigungsabteilung demontiert. Auch offiziell geben die BBB bekannt, die Abteilung bleibe zu. Eine nahe gelegene Ausweichmöglichkeit für Menschen ohne eigenes Bad oder Dusche gibt es nicht. Übrig bleibt nur die Reinigungsabteilung in Charlottenburg. küp

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