: Ein Land zwischen zu Hause und der Straße
Weihnachten im Zwischenland ist besser als zu Hause. Nur Punkt 8 der Hausregeln ist Quark
Könnten Sie sich vorstellen, Weihnachten nicht mit der Familie, sondern in einem kleinen Land zu feiern? Einem Land zwischen zu Hause und der Straße, dem Zwischenland? Sicherlich nicht oder nur schwer. Doch dass auch dies sehr viel Spaß machen kann, werden Sie ja noch lesen.
Dieses Jahr war Weihnachten für die vier Jugendlichen, die im Zwischenland waren, viel besser als zu Hause. Ein von Weronika fein geschmückter Weihnachtsbaum, Raclette-Essen und viel Spaß beim Gesellschaftsspiel „Tabu“ gestalteten Heiligabend so richtig gemütlich. Es gab auch eine Bescherung. Es gab für jeden ein Buch, das mehr oder weniger der Art des Beschenkten entsprach. Auch für unsere nichts ahnenden Betreuer waren Geschenke platziert. Doch sie fanden sie nicht selber, wir mussten sie mit der Nase drauf stoßen und uns aber gleichzeitig dumm stellen, denn wir wussten ja nicht, von wem sie waren! Als sie es dann doch rausgekriegt hatten und die Geschenke öffneten, freuten sie sich über die kleinen Metalldosen mit irgendwas Süßem drin wie die Kullerkekse.
Alles in allem bescherten uns die Betreuerinnen Dani und Isabell das beste Weihnachten seit ein paar Jahren. Das letzte Weihnachten habe ich auf einem Zaun gegenüber von der Neubauplatte gesessen, in der meine Mutter wohnt. Ich habe gedacht: „Warum sitze ich hier?“ Ich kam auf keine Antwort und verbrachte den restlichen Großteil des Tages vorm Fernseher. Meine Mutter war zwar zu Hause, aber da war ja nichts los und meine ganzen Kumpels waren zu Hause.
Nochmals danke für dieses Weihnachten. Ich muss dem Karuna e. V. ein Lob aussprechen, denn diese Einrichtung hilft einem sehr, mit sich und seinem Drogenproblem klarzukommen.
Eines noch, falls einer unserer Betreuer dies hier liest: Punkt 8 der Hausordnung – Paarbeziehungen sind unerwünscht – ist Quark. Gebt uns ’ne Chance und kommt hinter eurem Negativdenken vor!
Martin (17) wohnt zur Zeit im Zwischenland und ist begeister- ter Geschichtenerzähler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen