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Als Blinder und Schwuler doppelt getroffen

betr.: „Die schwäbische Verhinderin“, taz vom 23. 12. 99

Vielen Dank für die mal wieder genau auf den Punkt getroffenen Worte, Herr Feddersen! Frau Däubler-Gmelin ist eine Kneiferin vor ihrem religiösen Hintergrund. Und dies hat für gesellschaftliche Gruppen Konsequenzen, die nicht nur schwul, sondern z. B. auch behindert sind. Wenn ich mit meinem Freund zusammenziehen möchte, muss ich ihn als meinen Betreuer anmelden, damit wir einen Paragraf-5-Schein bekommen. Für heterosexuelle Paare ist dies überhaupt kein Problem! Für mich, der ich als von Geburt an Blinder von Anfang an zur Selbstständigkeit erzogen worden bin, ist das ein doppelter Schlag ins Gesicht: nicht nur als Schwuler, sondern auch als Behinderter werde ich in meiner Entscheidungsfreiheit vom Staat beschnitten. Danke, Frau Ministerin, das machen Sie wirklich ganz, ganz toll! Marco Zehe, Hamburg

Eine Mehrheit der Bevölkerung hat nichts gegen gleiche Rechte für uns, ob das Ganze nun Ehe heißt oder Eingetragene Partnerschaft. Ich habe nichts davon, wenn man ein Gesetz „light“ verabschiedet und mein Partner keine Aufenthaltsgenehmigung bekommt. Ich habe diese Regierung gewählt, weil ich auf gleiche Rechte hoffte, und nun werde ich in die Heimat meines Freundes gehen, weil man dort erkannt hat, dass wir genauso Menschen sind wie Heteros.

R. Raetzer, Chemnitz

Jahrgang 1940 bin ich, und meine ganze Jugend hat man mit dem Paragrafen 175 kriminalisiert. Dann kam die Bundestagswahl 1998 und die SPD, sogar der Herr Bundeskanzler Schröder hat mit der Einführung von Rechten für unsere Partnerschaften – welche wir brauchen, um unser Leben planen zu können – geworben. Sollte jetzt die SPD mit ihrer Ministerin diese Versprechen nicht halten mögen: Die nächste Wahlen kommen bestimmt! Außer Herrn Stoiber und Herrn Dyba gibt es keine Feinde mehr für uns Schwule und Lesben!

Beim Bundestagswahlkampf 1998 sagte Herr Stoiber in einem bayerischen Bierzelt: „Wer seinen schwulen Freund aus der Türkei hier haben will, muss Rot-Grün wählen!“ Und das haben wir gemacht. Offensichtlich hat Herr Stoiber unsere Kraft unterschätzt!

Alfred Hartwig, Karlsruhe

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