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Rüttgers’ Club ■ Von Wiglaf Droste
Neues aus der Welt des Schaumweins: Rüttgers’ Club ist wieder da. Jürgen Rüttgers, CDU-Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen, steht treu zu Helmut Kohl. Brüsk weist er die FAZ-gestützten Versuche von Angela MerkelFerkel und ihren Leuten zurück, Kohl flink und schäbig zu beerben. Das möchte lieber Jürgen Rüttgers tun, auf die loyale Tour. (Loyal heißt das Hundefutter bei Aldi.) Rüttgers steht nicht ganz allein: Thomas Goppel, CSU-Generalsekretär und eine Art bayerisches Söhnlein brillant, spricht ebenfalls von einer „Hetzjagd“ gegen Kohl. Auch Klaus Rüdiger Landowsky, Fraktionsvorsitzender der Berliner CDU, findet das Gebaren gegenüber Kohl „unfair“. Aus Landowskys Mund klingt das Wort besonders schön: Osteuropäische Einwanderer in Deutschland im Sinn, sagte Landowky 1997, es sei nun einmal so, „dass da, wo Müll ist, auch Ratten sind“. Vielleicht hatte er vorher Carstens SC getrunken – jenes schädeldeckeninnenseitenaggressive Produkt, das während der bundespräsidialen Amtszeit des früheren Reiter-SA-Mannes Karl Carstens auch Carstens NS genannt wurde. Sein goebbelshaftes Gerede hat Landowsky politisch nicht geschadet; er gilt noch immer als der Kopf der Berliner CDU, deren Gesicht der schlichte Eberhard Diepgen ist. Als Dame im Club der Kohl-Getreuen ist die Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld dabei. 1988, damals noch als Vera Wollenberger, wurde sie Opfer der Stasi: Ihr Ehemann Knud Wollenberger lieferte Berichte über sie – natürlich nur, um sie zu schützen und Schlimmeres zu verhüten; in Deutschland ist man schon immer nur Parteimitglied geworden, um anderen besser helfen zu können. Fleißig jedenfalls forschte der als ‚IM Donald‘ geführte Herr Wollenberger, das herzlose Wort von der Wanze im Schwanze ging um, und Vera Wollenberger erntete neben viel geheucheltem Mitleid jede Menge ehrlichen Spott. Das machte sie nicht klüger. Sie beschloss, als Vera Lengsfeld Opfer nur noch ihrer selbst zu sein. Sie reckte in Talkshows ihre Beine und machte bei einer Wahlkampf-Modenschau eine derart weltverlassen unvorteilhafte Figur, dass alle berechtigte Schadenfreude ihr gegenüber sich wieder in Mitleid verwandeln wollte. Diese Empfindung aber war von übertriebener Großherzigkeit: Im Sommer 1996, sie war noch Abgeordnete der Grünen, versuchte sich die Heißluftpumpe Vera Lengsfeld im Verein mit ihrem Kollegen Konrad Weiß als taz-Erpresserin. Als auch das nicht gelang, lief sie zur CDU, die sie seitdem eifrig verwüstet. Es ist eine genuine Verbindung von deutschem Sekt und deutscher Sekte, die zugunsten Helmut Kohls in die Bütt steigt. Wer solche Freunde hat, braucht der noch Feinde? Wer könnte Helmut Kohl mehr Schaden zufügen als seine Verbündeten? Club-Chef Jürgen Rüttgers möchte Kohl sogar als „Zugpferd im NRW-Wahlkampf“ einsetzen. Vom Ausgang der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai, so heißt es immer wieder, hänge mittelbar auch die weitere Karriere Gerhard Schröders ab. Man muss kein Freund von Verschwörungstheorien sein, um sich beim Anblick von Rüttgers’ Club zu fragen: Wird dieser Verein noch aus Kohls schwarzen Kassen bezahlt – oder nicht längst im Auftrag von Gerhard Schröder?
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