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Gleiches Recht für alle, nicht nur für die Westler

Nach einem Erfolg in Dresden will die ÖTV auch in Berlin gleiche Ostlöhne erstreiten

Berliner Beamte wollen nach Darstellung der ÖTV notfalls massenhaft gleiche Bezahlung in Ost und West einklagen. Hunderte von Ostbeamten werden in den nächsten Wochen zunächst Anträge auf eine 100-prozentige Besoldung stellen, teilte die ÖTV-Landesvorsitzende Susanne Stumpenhusen gestern mit. Hintergrund sei ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 21. Dezember 1999, wonach die unterschiedliche Bezahlung für verfassungswidrig erachtet werde.

Das Gericht hatte nach Darstellung der ÖTV den Fall eines gewerkschaftlich organisierten Grenzschutzbeamten aus Pirna zu entscheiden, der sich darauf berief, dass Sonderregelungen für den Osten nach dem Grundgesetz nur bis 31. Dezember 1995 zulässig waren. Das Verfahren sei ausgesetzt und der Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden. Das Verfahren vor dem höchsten Gericht könne jedoch einige Jahre dauern.

Die ÖTV hat nunmehr in einem Schreiben an Innensenator Eckart Werthebach (CDU) eine Zusicherung des Berliner Senats gefordert, im Falle eines positiven Gerichtsurteils das Ergebnis rückwirkend auf alle Betroffenen entsprechend ihrer Antragstellung zu übertragen. Werde eine solche Zusage nicht gegeben, wären die Betroffenen gezwungen, in den kommenden Monaten vor das Verwaltungsgericht Berlin zu ziehen, um ihre Ansprüche zu sichern. Beim Land Berlin arbeiten derzeit rund 80.000 Beamte, davon rund 12.500 im Ostteil mit einer Besoldung von 86,5 Prozent.

Nachdem Arbeiter und Angestellte des Landes bereits seit dem 1. Oktober 1996 einheitlich bezahlt würden, wollten die Beamten nun nachziehen, erklärte Frau Stumpenhusen. Das Land müsse Verständnis zeigen und dürfe die Betroffenen nicht unnötig ins Klageverfahren zwingen. Schließlich hätten sich CDU und SPD in ihrer Koalitionsvereinbarung auf einen schnellen Abbau der Ungleichheiten geeinigt. Überdies habe sich der Senat in einer am 30. August 1999 geschlossenen Vereinbarung verpflichtet, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten die Tarifgrenzen bis zum Jahr 2001 aufzulösen.

Auch in Brandenburg hat die ÖTV inzwischen angekündigt, vor Gericht höhere Löhne erstreiten zu wollen, falls die Besoldung nicht bald an das Westniveau angeglichen wird. Der ÖTV-Landesvorsitzende Werner Ruhnke forderte Finanzministerin Wilma Simon (SPD) am Freitag zu einer verbindlichen Zusage auf. In drei bis vier Jahren sollten Beamte so viel verdienen wie ihre Westkollegen. Dazu sei ein Stufenplan notwendig, sagte Ruhnke. ADN/dpa

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