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Todesstrafe wegen Währungsausfuhr

Zwei Libanesen sollen in der Demokratischen Republik Kongo hingerichtet werden, weil sie mit Geld das Land verlassen wollten

Berlin (taz) – Sammy Hachin und Khalil Algadba hatten Pech. Als die beiden libanesischen Händler in Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, zusammen mit zwei Kollegen ihr Boot beluden, schlugen die Sicherheitskräfte zu. Die Libanesen wurden zusammen mit zwei Landsmännern verhaftet, bevor sie über den Kongo-Fluss in das Nachbarland Kongo-Brazzaville reisen konnten, und kamen vor ein Militärgericht. Am Montag meldete der staatliche Rundfunk in Kinshasa, sie seien zum Tode verurteilt worden. Ihr Verbrechen: „Spionage und Verkauf der Landeswährung“.

Die beiden Libanesen hatten, so der Rundfunk, vier Millionen kongolesische Franc (etwa 200.000 Mark) ausführen wollen – im bankrotten Staate Laurent Kabilas ein todeswürdiger Akt. Der Vorfall wirft ein beklemmendes Licht auf die Lage der Menschenrechte im Kongo, dessen Regierung seit 1998 nur noch die Hälfte des Staatsgebietes kontrolliert und mit Militärhilfe aus Angola und Simbabwe gegen von Ruanda und Uganda unterstützte Rebellen im Norden und Osten des Landes kämpft.

Amnesty international legte am Montag einen äußerst kritischen Bericht zur Menschenrechtslage im Kabila-Territorium vor. Der Bericht mit dem Titel „Die Regierung terrorisiert ihre Kritiker“ listet zahlreiche Fälle von Journalisten, Politikern und Aktivisten der Zivilgesellschaft auf, die willkürlich festgenommen wurden. Sie wurden entweder ohne Anklage festgehalten oder von Militärgerichten zu langen Haftstrafen verurteilt. „Die Regierung“, so amnesty, „benutzt den Krieg gegen die bewaffnete Opposition als Vorwand, die Kongolesen unbegründeter Repression zu unterwerfen.“

Auch kongolesische Organisationen berichten immer wieder von Übergriffen und Willkürakten marodierender Sicherheitskräfte, die die Bevölkerung ausplündern, um zu überleben. „Der Hunger rechtfertigt die Mittel“, titelte die Zeitung La Seringue letzte Woche einen entsprechenden Artikel. Die Menschenrechtsorganisation Voix des Sans-Voix stellt die Zunahme der Übergriffe in einen Zusammenhang mit der im Herbst beschlossenen Bildung bewaffneter Milizen in Kinshasa, die der Abwehr eines Rebellenangriffs dienen soll. „Die bewaffneten Elemente begehen Schießereien, Vergewaltigungen, Angriffe auf Häuser, Ausplünderung und außergerichtliche Hinrichtungen“, erklärte die Organisation im Dezember.

Ausländische Unternehmer und Händler in der Demokratischen Republik Kongo werden seit Herbst 1999 systematisch verfolgt: Sie gelten in der nationalistischen Gedankenwelt der Kabila-Ideologen als potenzielle Feinde und haben außerdem viel Geld. Ende September wurde der freie Devisenhandel verboten und damit die Wirtschaft des Landes, das den US-Dollar informell längst zur Erstwährung gemacht hat, mit einem Schlag lahmgelegt: Devisenbesitzer bekamen 72 Stunden Zeit, um ihre Bestände bei den staatlich lizenzierten Banken zu deponieren, und ausländische Währungen durften nur noch dort zu festen Kursen eingetauscht werden.

Im Oktober verbot der kongolesische Staat Ausländern darüber hinaus sämtliche ökonomische Tätigkeit außer im Handel und legte allen ausländischen Unternehmen im Land eine Sondergebühr von 500.000 US-Dollar auf, die die meisten Alteinsässigen nicht zahlen konnten. Libanesen und Westafrikaner haben im Handel in der Fünfmillionenstadt Kinshasa traditionell eine starke Stellung, die seit diesen Maßnahmen in Gefahr ist. Zahlreiche Geschäfte haben schließen müssen.

Die Willkürwirtschaft Kabilas hat den kongolesischen Franc trotz aller Zwangsmaßnahmen ruiniert. Er ist im Kabila-Gebiet etwa halb so viel wert wie im Rebellengebiet. Da bietet es sich geradezu an, die Währung ins Rebellengebiet zu schleusen, um sie dort in Dollar zu wechseln. Dies sollen auch die beiden jetzt zum Tode verurteilten Libanesen versucht haben.

Sollten die Urteile der Militärgerichtsbarkeit – gegen die keine Berufung möglich ist – vollstreckt werden, wäre dies die erste Hinrichtung von Ausländern in der Demokratischen Republik Kongo seit ihrer Gründung 1997. Libanons Regierung hat nun die UNO und Frankreich aufgefordert, Druck auf Kabila auszuüben, um das zu verhindern. Möglich ist aber auch, dass Kabila sich einen eventuellen Gnadenakt einfach teuer bezahlen lassen will.

Dominic Johnson

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