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45 Tage Hungerstreik gegen Isolationshaft

■ Im Hamburger Untersuchungsgefängnis verweigert ein Türke seit über sechs Wochen die Nahrung. Jetzt soll das Verfassungsgericht die Haftbedingungen lockern

Der Hungerstreik des wegen Mordes inhaftierten DHKP-C-Funktionärs Ilhan Yelkuvan gegen seine Isolationshaft im Hamburger Untersuchungsgefängnis (UG) geht in eine neue Etappe. Nach 45 Tagen Nahrungsverweigerung hat für das Mitglied der in der Bundesrepublik verbotenen türkisch-kurdischen „Revolutionären Volksbefreiungspartei“ das „Todesfasten“ begonnen. „Er ist zu allem entschlossen“, sagte sein Bremer Anwalt Eberhard Schutz der taz hamburg nach einem Besuch im UG. Unter dem Begriff „Todesfasten“ versteht man den Zeitpunkt eines Hungerstreiks, an dem eine „lebensbedrohliche Situation“ immer wahrscheinlicher wird.

Nach Angaben von Justizbehördensprecherin Simone Käfer sind bei Yelkuvan derzeit aber noch keine „gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ festzustellen. „Er wird täglich von einem Arzt untersucht“, beteuert Käfer. Er nehme zwar keine Nahrung, aber Flüssigkeit zu sich.

Die Justizbehörde sieht derzeit keine Möglichkeit, in den Konflikt zwischen Verteidigung und Gericht einzugreifen. Da Yelkuvan gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) Revision eingelegt habe, so Käfer, „ist für die Haftbedingungen weiterhin der 3. Strafsenat zuständig“.

Der sogenannte Staatsschutzsenat begründet die Isolation – Yelkuvan wird von anderen Gefangenen abgeschottet und hat um vier Uhr morgens alleine Hofgang – damit, dass er bei Haftlockerungen mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ Kontakt zu Landsleuten aufnehmen werde, so Richter Albrecht Mentz, „um diese für eine Mitarbeit in der DHKP-C zu gewinnen.“

Schultz kündigte an, notfalls den OLG-Senat durch eine Einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufhebung der Isohaft zwingen und eine Verlegung in die Haftanstalt Vierlanden durchsetzen zu wollen. Dort hatte Yelkuvan vor Beginn des Prozesses unter normalen Haftbedingungen in Untersuchungshaft gesessen, als noch der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof für ihn zuständig war. Da in seinem Urteil der Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer terrorristischen Vereinigung“ (129a) fallen gelassen worden sei, verstießen die faktischen 129a-Haftbedingungen, so Schultz, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Zum Machtkampf zwischen OLG und Verteidigung war es bereits vorige Woche gekommen, als der Senat den zweiten Pflichtverteidiger Volker Ratzmann aus Berlin von seinem Mandat plötzlich „entpflichtete“. Darin sieht Schultz eine Behinderung der Verteidigung. „Eine Entpflichtung gibt es rechtlich nicht“, schimpft Schultz. „Wir hatten die Verteidigung in verschiedene Schwerpunktbereiche aufgeteilt“, so Schultz. „So wollten wir das bei der Begründung der Revision auch machen.“ Kai von Appen

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