Erste allgemeine Verunsicherung

■ Gegensätzliche Interessen bedeuten Zerreißprobe für Brustkrebs-Screening / Grabenkampf mündet morgen in erster öffentlicher Veranstaltung – der CDU / Finanzierung des Modells unklar

Noch gilt offiziell: Bremen wird Modellstadt in Sachen Brustkrebs-Vorsorge. Doch im Gebälk der hiesigen Gruppierungen, die der per Röntgen-Reihen-Untersuchung (Mammografie-Screening) die Überlebenschancen von Frauen zwischen 50 und 70 Jahren durch Brustkrebs-Früherkennung verbessern wollen, kracht es bedenklich. Intern herrscht solche Uneinigkeit über die gemeinsame Zusammenarbeit von Kassen, Behörden, Medizinern, Technologie-Entwicklern und Forschern – von den Sorgen der Frauenöffentlichkeit nicht zu reden – dass ein völliges Scheitern des Projektes nicht mehr ausgeschlossen wird. Hinter vorgehaltener Hand drohen die ersten Planer bereits mit Ausstieg.

Hinzu kommt ein beachtlicher Druck von außen – insbesondere von den niedergelassenen Bremer Radiologen, die Einkommenseinbußen befürchten, wenn Brustkrebs-Aufnahmen künftig in einem zentralen, „aufgestülpten“ Mamma-Zentrum stattfänden, wie sie es im geplanten Zentrum an der St. Jürgen-Klinik zu erkennen glauben. Würden diese niedergelassenen Mediziner sich quer stellen, indem sie beispielsweise mit den Gynäkologen zusammen gegenüber ihren Patientinnen Zweifel am Sinn des Projektes anmelden würden, könnte die teure, massenweise Reihenuntersuchung von Frauen scheitern. Welche Frau würde wohl gegen den Rat des eigenen Gynäkologen zu einer Röntgenuntersuchung gehen?

In Aachen hatte ein solch angedrohter Boykott zur Folge, dass die Stadt, die mit ihrer Uni-Klinik als Modellstadt lange hoch gehandelt wurde, den Zuschlag nicht bekam. Denn die Modellregionen sollen, so fordern es Spitzenverbände der Kassen und Ärzte, verlässliche Daten über mögliche Erfolge einer Reihenuntersuchung ergeben, die mit modernstem technologischen und hohem personellen Aufwand durchgeführt werden. Nur eine große Beteiligung kann Daten darüber liefern, ob Früherkennung von verdächtigen Knoten in der Brust durch Röntgen wirklich die Überlebenschancen von Frauen vergrößert. Dies gilt noch als strittig. Es gibt für Deutschland keine verlässlichen Untersuchungen. Die Ergebnisse schwedischer Forschungen werden hier zu Lande immer wieder angezweifelt.

Vor dem Hintergrund vieler verschiedener Interessen betrachten die Planer des Projektes jetzt mit Sorgen eine öffentliche Veranstaltung, die sich mit dem Bremer Modell zum „Mamma-Screening“ befassen soll. Dazu hat morgen die CDU ins Haus der Bürgerschaft (15 Uhr) eingeladen. Unter der Fragestellung „Tastbefund, Ultraschall, Mammographie. Für eine Kombination der Instrumente bei der Früherkennung von Brustkrebs“ ist es die erste bundesweite Veranstaltung zu den Screening-Vorhaben, die nach dem Vorbild Schwedens und Hollands aufgebaut wurden, nachdem Bremen im September unter elf Bewerbungen als bundesweit erste Modell-Region ausgewählt wurde. Mittlerweile haben auch Wiesbaden und die Weser-Ems-Region den Zuschlag als Modell-Regionen erhalten. Im Raum Wittmund soll ein mobiles Röntgen-Mobil nach holländischem Vorbild die Land-Frauen flächendeckend erfassen. Das Besondere: Dort werden niedergelassene Radiologen von Anfang an beteiligt.

Bremer Radiologen dagegen haben – unter Federführung des „Radiologie-Papstes“ an der St. Jürgen-Klinik, Jürgen Freyschmidt, bereits „Alternative Vorschläge“ in Umlauf gebracht, wie das Bremer Modell-Projekt besser organisiert werden könnte. „Wir fühlen uns nicht informiert“, beschweren sie sich – und treffen damit einen wunden Punkt der bisherigen Planungsgruppe. Die hat sich über die Frage der Öffentlichkeitsarbeit – Geheimhaltung oder Transparenz – mittlerweile heillos zerstritten.

Noch freilich sind nicht einmal die Verträge für das Gesamtprojekt unter Dach und Fach. Auch hier kündigen sich Probleme an. Die ursprünglich für das Projekt angepeilten neun Millionen Mark, mit denen die Kassen das Projekt finanzieren sollten, werden kaum zusammen kommen. Das ergaben gestern erste Verhandlungen. ede