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Michael Stürmer

gehört seit langem zu den umstrittensten deutschen Historikern. Schon seine Habilitationsschrift zu „Regierung und Reichstag im Bismarck-Staat“ missfiel vielen Kollegen. Hans-Ulrich Wehler kritisierte, dass er zu oft lieber farbig beschreibe, als scharf zu analysieren. Stürmers Stil der Geschichtsschreibung stand im Gegensatz zu der kritischen Geschichtsschreibung der Siebzigerjahre (Stichwort: Bielefelder Schule). Bewusst wollte er die prägenden Einflüsse seiner historischen Objekte plastisch werden lassen. So gelangen ihm einige durchaus lesenswerte Studien, allen voran „Das ruhelose Reich“. Mit Werken wie diesen empfahl er sich jedoch nicht nur als Feuilletonist, er etablierte einen konservativen Geschichtsansatz, der seit dem Nationalsozialismus diskreditiert war: die Geopolitik. Demnach sei Deutschlands Geschichte allein schon durch seine Lage in der Mitte Europas definiert. Dieses Erklärungsmuster diente Stürmer für großzügige historische Deutungen des Bismarck-Reiches, es war aber auch oft genug Grundlage seiner Interpretationen der Politik in den Achtziger- und Neunzigerjahren. Diese Deutungen verbreitete er sowohl als Kolumnist der „Frankurter Allgemeinen Zeitung“ oder der „Welt“ als auch in vielen Reden, die er vor Bankern, Journalisten oder sogar der UNO-Vollversammlung hielt. Sein Ruhm als scharfzüngiger Geschichts- und Politikdeuter brachte ihm in den frühen Achtzigerjahren die Freundschaft des wichtigsten deutschen Historikers ein: Helmut Kohl. Der machte ihn trotz heftiger Proteste 1986 zum Chef der „Stiftung für Wissenschaft und Politik“, wo er bis vor zwei Jahren als erster historisch-politischer Berater des schwarzen Kanzlers diente. Heute ist er wieder einfacher Historiker – und derzeit Fellow am renommierten Wissenschaftskolleg zu Berlin. dah/Foto: Darchinger

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