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USA suchen Entspannung mit Nordkorea in Berlin

Neue Gesprächsrunde zwischen Washington und Pjöngjang in der deutschen Hauptstadt. Die Bundesregierung hält diplomatische Beziehungen mit Nordkorea für unnötig

Berlin (taz) – Die USA und Nordkorea wollen ab heute in Berlin wieder über eine Annäherung beider Staaten verhandeln. Nordkoreas Vizeaußenminister Kim Gye-kwan und der US-Diplomat Charles Kartman wollen ihre Gespräche vom November und September fortsetzen. Im September hatte Nordkorea überraschend zugesagt, während des Dialogs vom Test neuer Raketen abzusehen. Die USA lockerten darauf ihre Sanktionen. Seitdem dominiert eine geplante USA-Reise des ersten Vizeaußenministers Kang Sok-ju die Gespräche. Er wäre Washingtons hochrangigster nordkoreanischer Besucher seit dem Koreakrieg (1950–53), der völkerrechtlich nie beendet wurde.

Über die Gespräche in Berlin sind keine Details bekannt. Beobachter erwarten, dass die Verhandlungen mindestens zwei Tage dauern und abwechselnd in den jeweiligen Vertretungen stattfinden. Die US-Botschaft und das „Büro für den Schutz der Interessen der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik“ trennen im Bezirk Mitte nur 500 Meter.

Jetzt ist der Erfolgsdruck größer als bei den Gesprächen im November. Denn bald dürfte die Clinton-Regierung wegen des Wahlkampfs keinen so großen Handlungsspielraum mehr haben, wie er für neue Beziehungen zu Nordkorea nötig wäre. Die oppositionellen Republikaner könnten das Verhältnis zu dem stalinistischen Land zum Wahlkampfthema machen und damit Washingtongs Angebot torpedieren, zu Nordkorea normale Beziehungen aufzunehmen, wenn Pjöngjang auf die Entwicklung neuer Raketen verzichtet.

In den vergangenen Monaten konnte Nordkorea seine internationale Isolierung aufweichen, wobei die Neuorientierung der Politik Südkoreas und der USA geholfen hat. Beide setzen jetzt auf eine Einbindung und Öffnung Nordkoreas und ermuntern dazu auch andere. So reisten im November erstmals seit Jahren japanische Politiker nach Nordkorea. Anfang Januar beschloss Italien als erstes G-7-Land die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Darüber wollen demnächst auch Delegationen aus Australien und den Philippinen in Pjöngjang verhandeln.

Südkoreas Präsident Kim Dae-jung kündigte für den Fall eines Sieges seiner Partei bei den Parlamentswahlen im April an, dass er den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-il treffen wolle. Das wäre der erste innerkoreanische Gipfel. „Wir sollten nicht übermäßig optimistisch sein, aber ich bin sicher, dass wir die bisherige Konfrontationspolitik im Stile des Kalten Krieges noch vor Ablauf meiner Amtsperiode beenden können“, so Kim. Sie endet 2003. Seit er mit seiner „Sonnenscheinpolitik“ vor zwei Jahren auf Entspannungskurs ging, wuchsen der Besucherverkehr und der bilaterale Handel – letzterer 1999 um 50 Prozent. Die von Südkoreas Hyundai-Konzern organisierten Bergtouren wurden Nordkoreas größter Devisenbringer. Nach Hungersnot und neun Jahren der Schrumpfung erreichte die nördliche Wirtschaft 1999 erstmals wieder ein geringes Wachstum.

Die deutsche Regierung, die 1990 die von der DDR geerbten diplomatischen Beziehungen mit Nordkorea beendete, strebt gegenwärtig nicht deren Wiederaufnahme an. Berlin unterstütze die Einbindung Nordkoreas, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, wolle aber keine vollen diplomatischen Beziehungen. Man habe schon jetzt die Möglichkeit des Dialogs mit Pjöngjang. Berlins Vertretung befindet sich in der ehemaligen DDR-Botschaft und gehört offiziell zur schwedischen Botschaft. Sven Hansen

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