Kameruns Löwen wieder auf dem Weg zu einstiger Unbezwingbarkeit

Im mit großer Spannung erwarteten Eröffnungsspiel des Afrika-Cups erreicht Mit-Gastgeber Ghana ein glückliches 1:1 gegen Kamerun

Accra (taz) – Noch bevor der Afrika-Cup richtig begonnen hatte, schienen die Black Stars aus Ghana bereits verloren. Gegen eine spielerisch und physisch überlegene Kameruner Mannschaft lag man zur Pause 0:1 zurück. Nach dem inferioren Spiel der Gastgeber ein noch gnädiges Resultat. Kurz nach Seitenwechsel machte ein Traumpass von Samuel Kuffour den Unterschied. Kwame Ayew, der jüngere Bruder der Legende Abedi Pelé, verwandelte zum Ausgleich.

Die Erleichterung der 40.000 im Stadion von Accra – einige von ihnen warteten bereits seit vier Uhr früh auf den Einlass – war unübersehbar. Ein Wasserfall aus gefüllten Plastiktüten ergoss sich auf die Laufbahn, Brass Bands spielten auf, und gejubelt wurde sowieso. Das Eröffnungsspiel des African Cup of Nations Ghana/Nigeria 2000, dem weltweit ersten kontinentalen Wettbewerb, der von zwei Ländern durchgeführt wird, blieb somit spannend.

„Der Trainer hat uns in der Pause das gesagt, was für alle im Stadion offensichtlich war. Das Problem in der ersten Hälfte war der Druck, der auf uns lastete, weil wir zu Hause spielen“, sagte Charles Akonnor, der Kapitän der Black Stars in Diensten des VfL Wolfsburg. Die Ansprache und die Spielerwechsel von Coach Giuseppe Dossena, der im Kader der italienischen Weltmeister 1982 stand, verwandelte die Spielanlage der Black Stars grundlegend. Statik und Konfusion in der Defensive sowie fehlende Inspiration im Spielaufbau wichen herausgespielten Torchancen und Kompaktheit. Bis zu seinem Austausch war der Dortmunder Otto Addo einer der besten im Team Ghanas. Für den in Deutschland aufgewachsenen Addo war es das tropische Heimdebüt als Black Star.

Das 0:1 der „Indomitable Lions“ (Unbezähmbare Löwen) fiel nach 20 Minuten durch ein Kopfballtor des Premier-League-Spielers Marc Vivien Foe nach ansehnlicher Vorarbeit von Joseph Desiré Job (FC Lens). Job hätte in der Folge locker einen Hattrick zustande bringen können. In erster Linie war es aber die von FC-Liverpool-Verteidiger Rigobert Song organisierte Defensive der Kameruner, welche den Ghanaern das Leben schwer machte. Mit erst 23 Jahren hat der rastagelockte Song bereits zwei Weltmeisterschaften hinter sich. In den USA 1994 war er mit seinen 17 Jahren der jüngste afrikanische Spieler, der je bei einer WM teilnahm. In Frankreich 1998 wurde ihm noch vor Routiniers wie Omam Biyick die Kapitänswürde übertragen. Seine kraftvolle Härte machte ihn aber auch zum ersten Spieler, der bei zwei aufeinderfolgenden WM-Endrunden vom Platz gestellt wurde.

Kameruns Fußball war in den vergangenen Jahren vor allem von finanziellen Streitigkeiten, Trainerquerelen und der Friktion zwischen Politik, Verband und Spielern gekennzeichnet. Nachdem dem Sportminister der Einfluss auf den Verband Fecafoot entzogen wurde und der Weltverband Fifa eine interimistische Führung eingesetzt hat, lief vieles in der Vorbereitung besser. „Noch vor kurzer Zeit“, meint Rigobert Song, „war es für uns undenkbar, einen ganzen Tag, geschweige denn eine ganze Woche im Trainingslager in Europa zu verbringen. Früher schickten sie mir nicht einmal ein Flugticket, damit ich für das Nationalteam spielen kann, heute bekomm ich es an die Tür geliefert!“

Nachdem die Löwen in Burkina Faso 1998 in der Vorrunde ausgeschieden waren, könnte es diesmal sogar zum Gewinn des Afrika-Cups reichen. „Ich kann ohne Zweifel sagen, dass dies das beste kamerunische Team ist, in dem ich je gespielt habe“, meint Song. Für Trainer Pierre Le Chantre, der in den 70er-Jahren in der ersten französischen Liga spielte, war der Favorit vor dem Eröffnungsmatch zwar eindeutig Ghana, aber der Franzose fügte hinzu: „Vergesst nicht, Kamerun auf der Rechnung zu haben.“ Kurt Wachter