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Bach, Barock und Basketball

Amanda Miller zu Gast mit „Pretty Ugly“ und „Four for Nothing“ am Hebbel-Theater

„Leicht! Leicht!! Leicht!!!“, schrie mein Nebenmann begeistert auf am Ende von Amanda Millers „Four for Nothing“. Der Wahnsinnsanfall ist ihm nachzusehen. Man müsste viele Varianten der Leichtigkeit erfinden, um diesem Sprudeln und Prickeln gerecht zu werden. Leicht wie Luftblasen, kitzlig wie Mäusefüße, zierlich wie ein Puppenhaus, glitzernd wie Schneeflocken, verspielt wie junge Katzen und, trotz alledem, man glaubt es kaum, so sehr von heute, dass der größte Teil des übrigen Balletts daneben wie historische Aufführungspraxis wirkt.

Mit ihrer 1993 gegründeten Company „Pretty Ugly“ war Amanda Miller der dritte Gast im Tanzwinter im Hebbel-Theater. Leider nur für zwei Abende. Während der professionelle Festival-Jetset der Intendantin Nele Hertling manchmal vorwirft, Stücke viel zu spät nach Berlin zu holen, liegt für die, die sich am Hebbel mit Nachrichten aus der internationalen Szene versorgen, die Crux eher in der Kürze der Aufführungsserien.

Das titelgebende Stück „Pretty Ugly“ entstand 1986 für das Ballett Frankfurt, „Four for Nothing“ zu Musik aus Bachs Brandenburgischen Konzerten war die erste Premiere nach der Anbindung der freien Company an das Stadttheater Freiburg 1997.

Die Tänzer dribbeln sich durch das Zeitkonzept der Barockmusik, als wären Bach und Basketball nur durch Zufall in verschiedenen Jahrhunderten gelandet. Beine vibrieren im Tremolo, Arme zeichnen Triller und Schnörkel in die Luft. Dazwischen fuhrwerkt der Dramaturg Seth Tillet in seinem „Spaceshuttle“, einer roten Zelttüte, wie ein Rumpelstilzchen zwischen den Tänzern herum, erzählt von Spinoza und Semmelknödeln, Planetenbahnen und den 300.000 Möglichkeiten, ein barockes Puzzle zusammenzusetzen. Nie wissen die Tänzer vorher, wo er, zu spontanen Entscheidungen verdonnert, ihre Bahnen kreuzt. Die Kalkulation mit der Störung, die das filigrane Netz der Bewegungsstrukturen im Raum immer wieder zerschneidet und neu verweben lässt, verhindert formale Routine.

So sieht man das klassische Bewegungsvokabular in höchster Virtuosität wie in einem zerbrochenen Spiegel, durch dessen Risse überall die Atemlosigkeit der Gegenwart und ihr formloses Auseinanderdriften sichtbar werden. Was bei anderen um Erneuerung bemühten Choreografen oft plakativ nebeneinander stehen bleibt, verschmilzt bei Amanda Miller in dynamischen Linien.

Katrin Bettina Müller

Der Tanzwinter wird fortgesetzt mit Wim Vandekeybus, Itzok Kovac & En Knap, Companhia Paulo Ribeiro

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