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Innensenator Schulte will den „finalen Rettungsschuss“

■ Innensenator will im Rahmen der Novellierung des Polizeigesetzes das Töten von Geiselnehmern regeln

Das Innenressort von Senator Bernt Schulte (CDU) bereitet derzeit einen Entwurf für die Novellierung des Bremischen Polizeigesetzes vor. Unter anderem soll darin ein Passus enthalten sein, der einen tödlichen Schuss auf einen Geiselnehmer ausdrücklich zulässt.

Bisher erlaubt §46 des Polizeigesetzes den Gebrauch von Schusswaffen grundsätzlich nur, um Täter angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Die Ausnahmesituation einer Geiselnahme mit akuter Gefahr für das Leben der Geisel ist im Strafgesetzbuch geregelt: Im Falle der Nothilfe ist danach das Töten allen Bürgern gestattet. Die Änderung im Sinne des Innenressorts würde darüber hinaus die Anordnung eines tödlichen Schusses durch die Polizeiführung ermöglichen, während die Beamten bisher nur ihrem Gewissen verpflichtet waren. Aus seiner Partei bekommt der Senator Rückendeckung. Der innenpolitische Sprecher, Rolf Herderhorst, verweist auf die Geiselnahme vor elf Jahren in Gladbeck, in deren Verlauf zwei Bremer Geiseln starben: „Diese Menschen könnten noch Leben, wenn damals ein Todesschuss angeordnet worden wäre.“

Laut Innenressort habe damals das ebenfalls betroffene Nordrhein-Westfalen sein Polizeigesetz entsprechend geändert, Bremen sei dagegen bis heute untätig geblieben. Auf Nachfrage erklärt das Nordrhein-Westfälische Innenministerium dagegen, auch heute sei im Landespolizeigesetz wie in der Mehrheit der Länder kein Passus enthalten, der inhaltlich über den Nothilfeparagraphen des Strafgesetzbuches hinausgehe. Dennoch wurde in Aachen kürzlich ein Geiselnehmer gezielt erschossen.

In Bremen rufen die Pläne des Innensenators indes Widerspruch auf den Plan: Laut dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Hermann Kleen, hatte der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu Gladbeck einstimmig festgestellt, dass die rechtliche Regelung eines finalen Rettungsschusses am Ausgang der Geiselnahme nichts geändert hätte. Gerade angesichts der zahlreichen eklatanten Fehler der Polizeiführung sei es „makaber“, das Gegenteil zu behaupten. Bremen habe mit einer umfassenden Polizeireform die richtige Konsequenz gezogen. Die Rechtslage bezüglich des Todesschusses sei heute mit dem Nothilfe-Paragraphen ausreichend und die Gewissensentscheidung des einzelnen Beamten auch weiterhin notwendig. Kleen sagte, daher sei die Verankerung des finalen Ret-tungsschusses im Polizeigesetz „eine der allerletzten Regelungen, die ich mitmachen würde.“ Die CDU, so Kleen, suche offensichtlich eine ideologische Debatte.

Für die Grünen lehnte Matthias Güldner die Pläne „rundweg ab“. Es sei richtig, dass die Schwelle zum Todesschuss hoch sei. Durch die Möglichkeit des Befehls würde der einzelne Beamte seiner Verantwortung entzogen. not

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