Richtigstellung

betr.: „Danke für die Glasperlen“, taz vom 28. 1. 00

Mit Empörung habe ich die Vorwürfe von Jörg Sundermeier in o. g. Artikel zur Kenntnis genommen, die mich bei der Frage der Entschädigung von NS-Opfern in die Nähe des Antisemitismus rücken. Auch hätte ich den Opferverbänden Geldgier vorgeworfen. Ich weise dies ausdrücklich als unwahr zurück. Als jemand, der sich seit Jahren gerade für die jüdischen NS-Opfer in Osteuropa und die osteuropäischen Zwangsarbeiter engagiert und für unsere Fraktion dazu – in enger Abstimmung mit jüdischen Opferverbänden – zahllose parlamentarische Initiativen vorbereitet hat, kann ich mir eine solche Unterstellung nicht gefallen lassen.

Zum sachlichen Kern: Ich habe bei der Podiumsdiskussion den Standpunkt unserer Fraktion und meine persönliche Bewertung des jetzigen Standes der geplanten Entschädigungsregelung vorgenommen. Ich habe darauf hngewiesen, dass es nun nicht mehr darum gehe, zu erwarten, das Angebot von zehn Milliarden Mark sei noch erhöhbar, sondern es gehe nun um Herstellung einer Verteilungsgerechtigkeit für die vorhandenen Mittel. Dabei habe ich ausdrücklich betont, dass es – entgegen anders lautenden Forderungen von Podiumsteilnehmern – nicht nur die Grundposition der Bündnisgrünen oder der Bundesregierung sei, dass jüdische KZ-Häftlinge einen höheren Entschädigungsbetrag erhalten sollten als zum Beispiel industrielle oder landwirtschaftliche Zwangsarbeiter. Dies sei auch der gemeinsame Wille der Opferverbände. Zugleich habe ich darauf hingewiesen, dass es bei einem finanziell endlichen Topf unter den Opferverbänden immer eine Konkurrenz um vorhandene Mittel gibt und es Aufgabe gerade des Gesetzgebers sei, hier sehr genau zu prüfen, wie der Ausschluss von bestimmten Opfergruppen vermieden werden kann. Es ist geradzu konstitutiv für die Kritik unserer Fraktion an dem vorhandenen Kabinettsentwurf, dass wir diese Verteiliungsgerechtigkeit noch nicht als gewahrt ansehen.

Herausragend habe ich dabei die Höhe des „Zukunftsfonds“ (eine Milliarde Mark) genannt, der besser zu einem großen Teil für die Opferentschädigung verwendet werden sollte. Und ich habe darauf hingewiesen, dass der Fonds über eine Milliarde Mark, der im Wesentlichen für die Vermögensschäden jüdischer Opfer vorgesehen ist, nach meinen fachlichen Erkenntnissen nicht voll ausgeschöpft werden kann und deshalb zu erwägen ist, hier nicht benötigte Mittel wenigstens zum Teil für die individuelle Zwangsarbeiterentschädigung zu verwenden. Ich habe ferner deutlich gemacht, dass die von der Bundesregierung vorgesehene Anrechnung bisher erhaltener Entschädigungsleistungen im Wesentlichen die jüdischen Opfer treffen würde und von uns auch aus rechtlichen Gründen abgelehnt wird. Was das alles mit Antisemitismus, dem Vorwurf der Geldgier und einer „zynischen Arithmetik“ zu tun hat, möchte man mir mal erklären.

Günter Saathoff, Wissenschaftlicher Koordinator Arbeitskreis Innen, Recht, Frauen und Jugend, Bundestagsfraktion B’90/Grüne

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