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Segel setzen nach Trockenübung

3:0 gegen desolaten MSV Duisburg: Leverkusen kommt brillierend aus der Winterpause und fährt jetzt zu den Bayern, „um zu gewinnen“ ■ Aus der BayArena Katrin Weber-Klüver

Die Pause hat allen gut getan in Leverkusen. Christoph Daum zum Beispiel ist noch ein wenig entspannter geworden. Vielleicht hat er wieder mal ein gutes Buch gelesen oder sich von einem anderen Motivator inspirieren lassen. Jedenfalls hat der Trainer zum Rückrundenauftakt neue Bilder als Handlungsanweisungen parat. Etwa, dass es nicht darauf ankomme, woher der Wind wehe, sondern darauf, wie man die Segel setze.

Man kann das so übersetzen: Weder Daum noch sonst jemand bei Bayer Leverkusen hat Einfluss darauf, wie die anderen Vereine in der Liga auftreten, aber sie haben es in der Hand, dem so viel entgegen zu setzen, dass es dieses Mal für die Meisterschaft reicht. Und nach dem ersten Rückrundenspiel lässt sich bereits mutmaßen: Die Mannschaft spielt wieder ein bisschen besser, schöner und schneller, als sie es in der Hinrunde ohnehin schon getan hat.

In der Vorbereitungszeit haben sie weiter gefeilt, besonders am flinken Kombinationsspiel. Geschäftsführer Reiner Calmund fasste nach dem 3:0 über den MSV Duisburg zusammen: „Wir stellen spielerisch die stärkste Mannschaft der Liga.“ Vor allem das Mittelfeld mit Emerson, dem Superstar auf dem Absprung nach Rom, dem möglichen Star in spe Michael Ballack sowie Stefan Beinlich, der zwei Tore erzielte, sei „nicht mehr zu toppen“. Christoph Daum war auch zufrieden mit seiner jungen Elf. Denn man weiß ja nie, ob das, was man sich in Trockenübungen in irgendwelchen Trainingslagern so ausdenkt, in der Praxis des Ernstfalls auch tatsächlich funktioniert.

Die Ungewissheit ist nun vorbei. Das 3:0 über den MSV Duisburg war sogar noch sehr schmeichelhaft für die Gäste. Denn genauso großzügig wie die Leverkusener mit Ideen im Mittelfeld waren, so verschwenderisch gingen sie mit den Tormöglichkeiten um, die sie sich dabei erspielten. Zur allgemeinen Beruhigung hatte Bernd Schneider bereits in der 3. Minute die Führung erzielt. Ob bis zum Mittwoch, wenn zwischen Bayer und Bayern im direkten Duell die Tabellenführung ausgespielt wird, noch etwas an der Chancenauswertung verbessert werden könne, wurde Daum gefragt. Er griente nur: „Ich wäre mit einem 3:0 zufrieden.“ Es war eine schlagfertige Antwort und eine, die mit freundlicher Selbstironie zugestand, dass es nicht gerade zu Bayers Stärken gehört, Gastspiele beim FC Bayern zu absolvieren.

Andererseits ist es so, dass Leverkusen – ob nun in brillanter Verfassung oder einfach nur in passabler Tagesform – gegen Duisburg immer punktet, wenn nicht gleich gewinnt. So war es in den letzten 15 Begegnungen. Und in dieser allerletzten am Sonnabend machte der MSV nicht gerade den Eindruck, als hätten sie im Januar Kräfte für den Kampf gegen ihren vierten Bundesligaabstieg gesammelt. „Eine desolate Leistung“, gestand Markus Osthoff ein. Und Trainer Friedhelm Funkel klammerte sich an die Hoffnung, Duisburg werde „nicht jede Woche einen Gegner haben, der so überlegen ist“.

Aus Leverkusener Sicht ließe sich also grübeln: Waren wir wirklich so gut, oder die einfach so schlecht. War das überhaupt ein richtiger Test vor dem Bayern-Spiel? Christoph Daum gab sich erst gar keine Mühe zu verbergen, dass er ob des eklatanten Leistungsgefälles Mitleid mit den Duisburgern hatte. Vielfach hatte er seine Spieler mit Ball am Fuß schneller gesehen als deren Gegenspieler ohne Ball. Sein nüchternes Fazit: „Wir konnten uns durch individuelle Klasse Vorteile erarbeiten.“ Das wird in München vermutlich etwas anders sein. „Bayern wird sich nicht so kampflos ergeben wie Duisburg“, ahnt Kapitän Jens Nowotny. Aber während Christoph Daum vorauseilend so interessante Mitteilungen macht wie die, Leverkusen müsse ja gar nicht unbedingt Meister werden, hat der Kapitän den geheimen Masterplan zum Erfolg in der Tasche. Nowotny verrät nur so viel: „Wir fahren nach München, um zu gewinnen.“ Und: „Wir wissen, wie wir es machen müssen.“

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