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Gewalt? Eine Randerscheinung

betr.: „Wenn Widerstand zur Bierflasche greift“, taz vom 7. 2. 00

Dem Eindruck, den die subjektive Darstellung der Proteste erweckt, ist nachdrücklich zu widersprechen. Nicht eine Gruppe von tausend jungen Menschen demonstriert ihre Emotionalität ohne Forderungen, sondern mehrere tausend (am Samstag und am Sonntag waren allein in Wien um die 7.000 auf der Straße) demonstrierten friedlich ihre Empörung über das Salonfähigmachen der extremen Rechten. Ein Kristallisationspunkt der vielfältigen Kritik findet sich im Antirassismus („Wer andere ausgrenzt, schließt sich selber ein“), aber auch konkrete innenpolitische Auswirkungen werden aufgezeigt (es war kein platter Antifaschismus, der zur Besetzung der ÖVP-Parteizentrale und des Sozialministeriums führte!). Dass auch in dieser „Reportage“ ein Fokus auf Gewalttätigkeit gelegt wird, täuscht darüber hinweg, dass Tausende friedlich ihrer Empörung Ausdruck verleihen. [...]

Warum wird nichts von den zahlreich aus den Fenstern ihrer Wohnung Winkenden erwähnt, warum nichts von den AutofahrerInnen, die zu klatschen beginnen, obwohl sie unerwartet im Demonstrationszug aufgehalten werden? Gewalt durch die Demonstrierenden ist – und ich bin tagtäglich unter den Protestierenden – eine Randerscheinung! Jens Karg, Dipl.-Pol., Wien

... und wenn Widerstand zum Wort oder zum Flugblatt greift? Ein Fall, der immerhin denkbar ist, die taz bisher aber nicht besonders zu interessieren scheint. Armes Österreich: ein dämonischer Haider, ein angestrengter Schüssel, ein einknickender Klestil – und jetzt auch noch Demonstranten mit roten und schwarzen Fahnen, die „Widerstand gegen Faschisten“ skandieren und sich über „Polizistenschweine“ empören. Wem kann das schon nützen? Natürlich Haider, wie der Wiener Berichterstatter Ivan Ivanji unheilvoll verkündet. Aber gibt es in Österreich, seit Waldheim und Haiders versuchtem Volksbegehren, nicht auch eine andere Tradition des Widerstandes? Das Lichtermeer von 1993? Organisationen wie SOS-Mitmensch oder den Republikanischen Klub? Künstler und Intellektuelle, die sich immer wieder kritisch geäußert haben? Die Veranstaltungen am 12. November letzten Jahres? All das stellt zwar einen sehr breiten zivilen Protest dar, ist aber eben nicht ganz so spektakulär – deshalb lesen wir in der taz derzeit zwar eine halbe Seite lang vom Widerstand per Bierflasche, an dem an 1.000 „meist sehr junge Menschen“ beteiligt waren. Dagegen war eine spontane Demonstration mit immerhin 30.000 Beteiligten dem Blatt letzte Woche nicht mehr als eine Zeile wert, ebensowenig wie Ralf Leonhard es für erwähnenswert hielt, dass dort unter anderem André Heller oder Luc Bondy, beide vermutlich auch deutschen Leserinnen und Lesern nicht ganz unbekannt, sprachen. Dies war nur eine der zahlreichen Kundgebungen der letzten Tage, auch am Sonntag gab es eine „Wanderdemonstration“ mit rund 7.000 Menschen. Wenn die Wiener Korrespondenten solche Ereignisse schon nicht aufsuchen, möchte man ihnen ans Herz legen – um sich zu informieren –, vielleicht zumindest im Kaffeehaus einmal zum Standard zu greifen. Dorothea Schmidt, Berlin

betr.: Regierungsbildung in Österreich

Viele Bürger haben Angst vor der ÖVP/FPÖ-Regierung. Schlimme Zustände werden befürchtet. Ich frage mich auch, wie schlimm es noch werden kann. Aber nicht, weil wir nun eine schwarz-blaue Regierung haben oder ich mich vor „rechten“ Übergriffen fürchte. Nein. Sondern weil wir nun hautnah miterleben, wozu die Linke bereit ist. Gewaltsame Besetzungen sind an der Tagesordnung. Vermummte Personen mit Che-Guevara-T-Shirts okkupieren die ÖVP-Zentrale, das Burgtheater, das Sozialministerium, und wie sind die Reaktionen? Prominente SP-Politiker und Medien unterstützen diese Bereitschaft zur Gewalt auch noch direkt oder indirekt. Wir brauchen wahrlich nicht viel Phantasie, um uns auszumalen, wie die Reaktionen wären, wenn FP-Anhänger in dieser Weise vorgehen würden. Die Ereignisse der letzten Tage zeigen uns eines deutlich: Nicht von rechts drohen uns Anarchie und chaotische Zustände, sondern eindeutig von links. [...] Erwin Krammer, Wien

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