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Schwäbische Kapitalschulung

Das Theaterhaus Stuttgart ist mit „Dirty Dishes“ zu Gast in der Werkstatt der Kulturen

Morgens um sechs Uhr ist die Welt noch in Ordnung. Da glauben die illegal Beschäftigten einer Großstadtpizzeria noch, so eine Art Dreamteam zu sein, eine ganz große Nummer.

Zweieinhalb Stunden später erwachen sie aus ihren Träumen. Tschibo, der Koch, der eigentlich Joseph heißt, aber von seinem Chef Rudi das Kaffeegütesiegel bekommen hat wegen seiner bohnenschwarzen Haut. Kebap, der die Pizzen backt. Johnny, der Kiffer und Tellerwäscher aus Russland. Carmen aus dem Kosovo und Ophelia aus Armenien, die Kellnerinnen, die beide schon über Kebaps Schwanz springen mussten. Ja, so geht das zu in einer Küche, in der lauter Ausländer schwarzarbeiten. Alle seien spitz wie Nachbars Lumpi, erklärt das Rudi, der Schwabe ist, der neuen Aushilfe: Diana aus Haiti. Um 8.30 Uhr sagt Tschibo: „So, Scheißtag, fang an!“ . . . und rotzt in die Minestrone.

Wäre da nicht Uschi, die schwäbelnde Seele des Hauses, die zwischen den Chefs und den Illegalen ständig schlichten würde, wäre Rudi schon längst im Suppentopf gelandet, und die Ausländer hätten die Pizzeria übernommen. So aber müssen sie sich von Rudi und seinem Kompagnon Rüdiger aus „Laaaabzig“ unter ständiger Androhung des Rausschmisses für einen Hungerlohn ausbeuten lassen. Da die Pizzeria vor der Pleite steht, wurden die legal Angestellten längst gekündigt: „Die koschte mich ja Steuern und alles“, verrät Rudi seiner rechten Hand Uschi, die nun den Illegalen klar machen soll, dass sie an diesem Silvesterabend auch noch die zweite Schicht schieben müssen.

„Dirty Dishes“ ist ein Gastspiel des Theaterhauses Stuttgart. Zu Hause ist es seit fünf Jahren so eine Art Kultstück, wie in Berlin die „Linie 1“ des Grips Theaters. Es wird gerappt und auf hohem artistischem Niveau gespielt, mit Tomaten und dem Publikum jongliert. Frei nach Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ erzählt „Dirty Dishes“ die Geschichte vom guten Mann aus der Pizzeria: Rudi und Rüdiger sind ein und dieselbe Person. Nur weil Rüdiger den Kapitalismus ja im Osten nicht erfunden hat und Genosse unter Genossen sein will, muss Rudi das Schwein raushängen lassen, damit es in der Kasse klingelt. Auch das Ende ist schließlich mit „Goodbye Johnny“ echt Brecht; einer muss nämlich bei dieser Schufterei bis zum Umfallen wirklich dran glauben. „Dirty Dishes“ ist eine bitterböse Sozialkomödie, und das Lachen bleibt einem oft genug im Hals stecken. Nicht zuletzt, wenn einer der Zuschauer Tschibos Minestrone auslöffeln muss.

Petra Welzel

Heute, 20 Uhr, und morgen, 18.30 Uhr, Werkstatt der Kulturen, Wissmannstr. 32. Weitere Vorführungen am 22. und 23. Februar, jeweils 19.30 Uhr

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