: Bis vor Ikeas Haustür: Neue Busstrecke für die 53
■ In zwei Wochen soll die Linie 53 statt zum Bürgerhaus nur noch zu Ikea fahren / Obervieland und BSAG versuchen einen Kompromiss für das Bürgerhaus zu finden
„So geht's jetzt nach Schweden“, wirbt Ikea für den neuen Standort Bremen-Brinkum im Internet: „Busline 53 im 15-Minuten- Takt“. Denn kurz nach dem Eröffnungs-Trubel will die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) dafür die Linienführung in Obervieland ändern: Ab 8. März sollen die Busse dann direkt vor dem Ikea-Hauptportal halten. Das Bürgerhaus allerdings bliebe links liegen – wenn Orstamt und BSAG diese Woche nicht noch einen Kompromiss finden.
„Wenn die BSAG uns kein neues Angebot machen will, würde es sicher kein Treffen geben“, erwartet der Obervieländer Ortsamtsleiter Sven Wojzischke. Damit gebe es wieder eine neue Chance für die Haltestelle am Bürgerhaus, die vorwiegend von älteren Leuten genutzt würde.
Die Gesprächsbereitschaft der BSAG kommt quasi in letzter Minute – nachdem ihr ursprünglicher Plan in Obervieland für Wirbel gesorgt hatte. Vergangene Woche protestierte erst der Beirat gegen die neue Linienführung: Viel zu spät und mit großem Zeitdruck erfuhr man Ende November von der geplanten Ikea-Anbindung. „Nur die Mindestbeteiligung des Beirats hat statt gefunden“, meint Wojzischke. Die Grünen brachten daraufhin eine Alternativ-Route in die Diskussion, um die Haltestelle am „wichtigsten gesellschaftlichen Treffpunkt im Stadtteil“ zu erhalten. Auch die Staugefahr auf der Bundesstraße 6 durch den Ikea-Zustrom wird kritisch beäugt. Zu Spitzenzeiten könne der Fahrplan gar nicht eingehalten werden, befürchtet der Ortsamtsleiter. Dann reichte die CDU eine Anfrage an den Senat, die gestern die Buslinie auf die Tagesordnung setzte. Vielleicht habe dieser Druck ja zur Kompromissbereitschaft der BSAG beigetragen, vermutet Rolf Herderhorst (CDU).
Knackpunkt war der BSAG-Deal mit dem Möbel-Grossisten. Die Streckenführung sei erkauft worden, wetterte der Beirat. In der Tat hatte Ikea vor einigen Monaten bei der BSAG und anderen Verkehrsbetrieben nachgefragt, ob eine Ikea-Anbindung mit öffentlichem Nahverkehr möglich sei. „Damit auch Kunden ohne Auto zu Ikea kommen können,“ erklärt Raymond Döring von Ikea. Für ein Jahr sollte die Linienführung getes-tet werden. Wie viele Kunden das Angebot nutzen würden, weiß Döring nicht: „Alles Spekulation.“
Für die Direktverbindung als Kundenservice würde Ikea zur Not auch zahlen: Genaue Summen will Döring zwar nicht nennen, denn „das wurde mit der BSAG noch nicht zu Ende diskutiert.“ Es wären aber „keine 100.000 Mark“.
Die BSAG dagegen verspricht sich viel von der neuen Strecke. 6.000 Fahrgäste hätten die alte Strecke jährlich genutzt. Durch die Linienführung zu Ikea, Nova und dem ganzen Gewerbegebiet erwartet Pressesprecher Jürgen Lummermann „mindestens eine Verzehnfachung der Fahrgäste“. Bislang hätten viele Fahrgäste einen Anschluss vermisst. Sogar bis zu 75.000 Fahrgäste im Jahr wären denkbar.
Die alte Bürgerhaus-Haltestelle dagegen galt als unrentabel: 18 Leute wären dort pro Tag ausgestiegen, zählte die BSAG – und nur drei wieder eingestiegen. In einem „Abwägungsprozess“ zwischen Kosten und Nutzen, sah die BSAG-Bilanz für das Bürgerhaus bis dato schlecht aus. „Es ist ja nicht so, dass mit der neuen Linienführung, ein ganzer Ortsteil abgehängt wird“, meint Lemmermann: Denn die Haltestelle der Straßenbahnlinie 4 liege schließlich auch nur 350 Meter vom Bürgerhaus weg.
Solche Abwägungsprozesse sind für die BSAG momentan „klare Marschrichtung“. Denn auch beim ÖPNV-Anschluss anderer Einkaufszentren wie dem Roland-Center und Weserpark könnte sich die BSAG die „Suche nach Mitfinazierern“ vorstellen. „Wir müssen ganz deutlich betriebswirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund stellen.“ Allerdings, räumt Lemmermann ein, müsse man aufpassen: „Es kann nicht sein, dass der Größte der zahlt, den Bus vor die Tür bekommt.“ pipe
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