: „Erst mal was anderes“
Boberger Dünen oder Stadtentwässerung: Das Freiwillige Ökologische Jahr bietet mehr als nur einen Einblick in die Arbeitswelt ■ Von Markus Huneke
Wenn Katrin morgens um acht zur Motorsäge greift, sitzt Vicky in ihrem Büro und schaut sich Videos an. Und während Katrin hauptsächlich an der frischen Luft arbeitet, bekommt Vicky diese eher selten zu schnuppern. Gemeinsam haben die beiden jungen Frauen zumindest drei Buchstaben: FÖJ. Katrin und Vicky absolvieren gerade ein freiwilliges ökologisches Jahr.
Vicky ist die erste, die das FÖJ bei der Hamburger Stadtentwässerung verbringt. Seit sechs Monaten lernt sie das Abwasser- und Kanalsystem der Stadt en detail kennen – am besten „ihr“ Gebiet, ein nördlich des Ohlsdorfer Friedhofs gelegenes Viertel. Via Bildschirm, anhand der Aufnahmen eines Außenteams, prüft sie die Siele auf rissige Mauern und fehlende Fliesen, trägt bröckelnden Putz in Tabellen ein und ordnet Reparaturen an. Das eigenständige Arbeiten macht ihr Spaß, „obwohl es immer Situationen gibt, in denen ich alleine nicht weiter komme“. Und auch der mit fester Frühstücks- und Mittagspause geregelte Tagesablauf und die große Genauigkeit der Arbeit sind ganz nach ihrem Geschmack: „Es ist wirklich sehr befriedigend, einen Ordner zuzumachen mit dem Gefühl, das ist ein fertiges Stück Arbeit.“
Katrin macht auch ab und zu einen Ordner zu – doch nicht annähernd so viele wie Vicky. Mindes-tens die Hälfte ihrer Arbeitszeit verbringt Katrin im Freien. Im Naturschutzgebiet Boberger Dünen erklärt sie Besuchergruppen – oft Kindern – was dort alles kreucht und fleucht. Sie harkt, fachmännisch: entkusselt, den Rasen oder sägt mit der Motorsäge, für die sie extra einen Schein machen musste, Äste ab. Ist sie im Naturschutzhaus, muss Post erledigt werden, oder sie entstaubt und ordnet die Ausstellungstücke. Ihr Arbeitgeber ist die Stiftung Naturschutz Hamburg, die die Boberger Dünen betreut. Wo Katrin auch wohnt, denn zur FÖJ-Stelle gehört in diesem Fall auch die Unterkunft.
Wie die meisten FÖJlerInnen haben sich Katrin und Vicky gleich nach dem Abitur um eine Stelle beworben. „Ich wollte erst einmal etwas anderes machen, als gleich für die Uni weiterzulernen“, sagt Vicky. Ab Herbst allerdings soll studiert werden, „irgendwas mit Umweltschutz“. Katrin schwebt Landschaftspflege vor, Vicky Umwelttechnik, aber da ist sie sich noch nicht ganz sicher. Sie hatte sich aus „sentimentalen Gründen“ auch in Helgoland beworben – sich aber dann gegen „Inselromantik“ und für ihre Heimatstadt entschieden. Jetzt ist sie, wie auch Katrin, begeistert von der Möglichkeit, eine Zeit lang in eine Arbeitswelt einzutauchen, viel dabei zu lernen und eigene Aufgaben zu haben.
Weniger begeistert sind beide allerdings von den oft abschätzigen Beurteilungen ihres FÖJ-Engagements – häufig aus Unkenntnis. „In meiner Schule hat niemand überhaupt etwas von dieser Möglichkeit erzählt“, ärgert sich Katrin. Und Vicky ergänzt: „Viele denken, FÖJlerInnen sind Latzhosen- und Latschenträger.“
Das freiwillige ökologische Jahr kann machen, wer zwischen 16 und 27 Jahren alt ist. Es wird eine Vergütung von etwa 650 Mark monatlich gezahlt. In Hamburg, das insgesamt 15 Plätze, immer zum August, anbietet, ist am 31. März Bewerbungsschluss (Infos: Umweltzentrum Karlshöhe, Tel.: 040/640 20 93). In Schleswig-Holstein gibt es 74 FÖJ-Stellen (Infos: Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten, Fax: 0431/988 72 39). Die Bewerbungsfrist endet hier allerdings schon am 28. Februar.
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