: Absolute Mehrheit der SPD – macht nix?
betr.: „Zwischen Burgfrieden und Sprechblasen“, taz vom 22. 2. 00
Ohne die Grünen droht uns hier eine absolute Mehrheit der SPD. Macht nix? Man sollte lieber im Auge behalten, dass sich die Grünen hinter den Kulissen sehr viel öfter tapfer geschlagen haben, als nach außen hin sichtbar wurde.
Nur ein Beispiel: Die – zweifellos immer noch viel zu zaghaften – Schritte in der Bildungspolitik zu mehr Vielfalt und Selbstverwaltung, die hier zu Lande im Schulwesen versucht werden, gehen zu einem guten Teil auf die Ideen der Grünen zurück. Auch die Aktion mündige Schule, die sich mit einer (erfolgreichen) Volksinitiative für Vielfalt im Schulwesen einsetzt, wurde von den Grünen (gemeinsam mit FDP und SSW) gegen den – in Schulsachen immer noch sehr obrigkeitsstaatlich denkenden – Koalitionspartner verteidigt, als dieser die Initiative 1998 mit einem billigen Verfahrenstrick zwang, erst einmal vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Wer in Schleswig-Holstein mehr Demokratie will, ist gut beraten, sich nicht auf eine absolute Mehrheit der SPD zu stützen. Irene Fröhlich, die Spitzenkandidatin der Grünen, bedeutet gerade, weil sie kein Machtmensch ist, sondern den Konsens sucht, wo immer es geht, eine echte Bereicherung für den hiesigen Landtag.
Henning Kullak, Handwitt
Man kann Wahlergebnisse auch im Vorhinein schlecht schreiben, wenn man das möchte – und die taz macht es sich mit den schleswig-holsteinischen Grünen zum wiederholten Male sehr einfach: Die meiste Zeit kommt Schleswig-Holstein selbst in der taz Hamburg so gut wie gar nicht vor – und die Politik der Grünen in diesem Bundesland ist der taz erst recht kaum eine Meldung wert. Kurz vor der Landtagswahl werden dann aber alle vermeintlichen Unzulänglichkeiten, Streiteren und Skandälchen in einem vernichtenden Artikel zusammengerührt, egal, ob’s stimmt oder nicht.
Doch der bündnisgrünen Landtagsfraktion und Umweltminister Rainder Steenblock bei der Gesetzesnovelle zum Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und bei den Parkplätzen in St. Peter-Ording Versagen vorzuwerfen, geht an den Tatsachen eindeutig vorbei. In beiden Fällen wurden im zähen Ringen Kompromisse gefunden, die sowohl von den überregionalen großen als auch von den örtlichen Naturschutzveräbnden gelobt und begrüßt wurden. Diese Gruppen sind nicht dafür bekannt, mit der Arbeit der Grünen unkritisch und wohlwollend umzugehen. Kerstin Mock, Husum
[...] Lese seit der Nullnummer die taz und bin bestimmt fast so lange bei den Grünen. Gehört nicht notwendig zusammen, in meiner Person vereinigt es sich aber. Diesmal geht mir eure (beziehungsweise Heike Haarhoffs) journalistisch ach so qualitativ hochwertige Grünen-Schelte über die Hutschnur.
Eigentlich müsste ich in der Zeit, wo ich dieses schreibe, die grünen Landtagswahlplakate am Ortseingang zum dritten Mal vom CDU-begeisterten Gemeindearbeiter abholen und wieder aufhängen. Was ich in den letzten Tagen gelaufen und gefahren bin und verteilt und geklebt und organisiert und geredet habe! Damit die Grünen über fünf Prozent kommen. Oder welche Partei schlagt ihr vor, oder welche politischen Partizipation und Verwirklichungsform schlagt ihr vor? Und dann kommt da eben mal so’n journalistisch hochwertiger, in der Sache falscher und in der politischen Wirkung verheerender Zeitungsartikel, und ich hätte mir das ganze Gerenne sparen können.
Gerade diese heikle Fünfprozenthürde macht ihr uns durch diesen Artikel zum Stolperstein! In dem Moment, wo die Angst aufkommt, wir könnten es nicht schaffen, wählen die Leute, die ihre Stimme nicht verschenken wollen, nicht mehr Grün. Hochdemokratisch das, und das von der taz! [...] Marie Nennecke, Güby
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