: Bahn will Nahverkehr ausgliedern
Vorstand plant Gründung von 37 Regionalunternehmen, um näher am Kunden zu sein. Bessere Serviceleistungen beabsichtigt. Gewinn eingebrochen ■ Von Christian Krämer
Berlin (taz) – Die Deutsche Bahn (DB) plant eine völlig neuartige Organisation des Nahverkehrs. Das bestätigte gestern eine Bahn-Sprecherin gegenüber der taz. Die Süddeutsche Zeitung hatte zuvor berichtet, der Bahn-Vorstand wolle 37 eigenständige Regionalbahnen gründen. Diese sollen den Betrieb von Nebenstrecken auf einer Gesamtlänge von 9.000 Kilometern – einem Viertel des Schienennetzes – übernehmen sollen. Davon verspricht sich die Bahn anscheinend einen besseren Service sowie eine deutliche Reduzierung der Personalkosten.
Dass die Kosten immer stärker drücken, zeigten die Zahlen für 1999, die gestern durchsickerten: Das Betriebsergebnis sank im dritten Jahr in Folge auf rund 170 Millionen Mark. Besonders schlimm: Das eigentliche Geschäft fuhr ein Minus von 170 Millionen Mark ein. Nur durch die Mobilisierung von Finanzreserven konnte eine rote Bilanz vermieden werden.
Die regionale Aufteilung soll nun Kundenfreundlichkeit garantieren. So sollen etwa Anzahl und Umfang der regionalen Zugverbindungen künftig vor Ort und nicht mehr von der DB-Zentrale in Frankfurt aus festgelegt werden.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt, begrüßte die Pläne als große Chance einer besseren Organisation des Nahverkehrs. Er verweist auf die Usedomer Bäderbahn, die seit einigen Jahren unabhängig von der DB alle relevanten Entscheidungen trifft. Dadurch würden die Züge effizienter eingesetzt und die Fahrpläne besser aufeinander abgestimmt.
Für die künftigen Regionalbahnen sucht die Bahn momentan lokale Teilhaber – Kommunen, Länder sowie private Bahn- und Busgesellschaften. Deren Chefs sollen umfassende Entscheidungsbefugnisse erhalten und ihre zwischen 100 und 350 Kilometer langen Streckennetze selbstständig betreiben – Züge, Trassen und Bahnhöfe.
Die Finanzierung des Nahverkehrs ist von den Bahnplänen nicht betroffen. Die zwölf Milliarden Mark, die aus Bundesmitteln in den Nahverkehr fließen, stehen laut Schmidt nicht zur Disposition. Stattdessen könnten sie effizienter verteilt werden: „Es wird dann nicht mehr in leere Züge investiert.“ Regionale „Bahnkönige“ seien in der Lage, die Marktanteile der Schiene deutlich zu steigern.
Zur Gründung der regionalen Unternehmen fordert Petra Niß, Bahn-Expertin beim Verkehrsclub Deutschland (VCD), eine offizielle Ausschreibung. „Die Bahn muss sich von ihrem Monopol verabschieden und mit privaten Betreibern kooperieren“, sagte Niß.
Kritik kommt indessen von der PDS. Verkehrs-Experte Winfried Wolf: „Die Bahn trägt ihre Politik auf dem Rücken der Belegschaft aus.“ Sie werde im Nahverkehr bis 2004 voraussichtlich bis zu 50 Prozent der Stellen streichen. Zudem stünden die Kommunen am Rande der Pleite, viele Länder seien hoch verschuldet.
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