Nebensachen aus Tel Aviv
: Schwarze Fenster sind verboten

Mit einem Berliner Kennzeichen am Auto durch Israel zu fahren, ist ein wahres Vergnügen. Die Soldaten winken dir an jedem Kontrollpunkt freundlich zu, und bei den Palästinensern gibt es selbst in angespannten Zeiten selten Steinewürfe. Das weiße Kennzeichen ist neutral – nicht gelb wie das israelische und nicht grün oder blau wie das palästinensische. Mit Weiß darfst du auf die Straßen der jüdischen Siedler und kommst zudem ungeschadet am Flüchtlingslager vorbei. Noch besser ist, dass Falschparken genausowenig geahndet wird wie das Überfahren eines Stoppschildes oder überhöhte Geschwindigkeit. Die israelischen Polizisten lieben die Bürokratie nicht sehr. Nur bei den Palästinensern muss man letzthin vorsichtig sein. Verbotenes Halten wird hier mit dem Anlegen von „Eisensandalen“ bestraft. Ohne sofortige Barzahlung, von allerdings umgerechnet nur 15 Mark, ist an ein Wegfahren nicht zu denken.

Ein Auto mit fremder Nummer braucht ein Visum. Das kriegt es nur, wenn sein Halter ein gültiges Visum hat, und das gibt es bei einer Filiale des Innenministeriums. Wer nach halb sieben Uhr morgens kommt, kann gleich wieder nach Hause gehen, denn dann sind die Wartelisten, auf denen man seinen Namen eintragen kann, wieder beim Wachposten, und der gibt Nachzüglern keine Chance. Am nächsten Tag bekomme ich die Nummer 36 und muss nur viereinhalb Stunden warten. Noch mal Glück gehabt, dass sie nicht gerade streiken.

„Dein Wagen ist drei Monate über die Zeit und muss sofort das Land verlassen“, erklärt mir der nette Beamte in Zimmer 14 des Zollamtes in Jaffa. Ich rege mich nicht auf. Für Ausländer mit Arbeitsgenehmigung und gültigem Visum, die noch dazu Journalisten sind, gibt es Sonderregelungen. „Richtig“, sagt der Beamte. „Dann musst du aber eine Zollgarantie hinterlegen.“ Er schickt mich in Zimmer 53, vierter Stock, dort werde das alles geregelt. Fünf Leute sitzen vor dem fraglichen Raum. Nach eineinhalb Stunden bin ich an der Reihe. „Ein Golf, Baujahr 87“, murmelt der Herr von Zimmer 53. „Tut mir leid, ein dreitüriger Golf aus diesem Jahr ist in unseren Listen nicht verzeichnet.“ Ich müsse zum Verkehrsamt, erklärt er mir, um eine Bescheinigung zu besorgen, dass im Jahre 1987 tatsächlich dreitürige Golfs produziert wurden. Das Verkehrsamt liegt auf der anderen Seite der Stadt: „Streik“ steht groß an der Tür, als ich es endlich finde. Zwei Wochen später – wieder vor Zimmer 53 im Zollamt Jaffa, komme ich schon nach 40 Minuten dran. „Fein, es gibt ihn also doch“, sagt der Herr, als ich ihm die gewünschte Bescheinigung nach Streikende vorlege. Jetzt müsse ich nur noch zum TÜV.

Die Prüfstelle für den Großraum Tel Aviv liegt im Vorort Holon, etwa zehn Kilometer entfernt. Heute käme ich auf keinen Fall mehr dran, sagt mir der Wachposten an der Nummernausgabe. Zum Wochenende hin sei es immer ganz ungünstig, ich sehe ja, was los sei. In der Tat, die Leute stehen sogar zwischen den Stuhlreihen gedrängt. Wer sein Auto testen lassen will, muss früh am Sonntag auf der Matte stehen. Nach drei Stunden und allen bürokratischen Formalitäten darf ich zum Prüfstand: „Was soll denn das sein“, fragt der Mann im Overall und deutet auf die getönten Fensterscheiben meines dreitürigen Golfs, Baujahr 87. „Schwarze Fenster sind hier nicht erlaubt. Die müssen raus.“ Nach heftigem Hin und Her stellt sich heraus, dass in zwei Ländern weltweit die Autofenster nicht getönt sein dürfen: Costa Rica und Israel. Ich setze mich in den Wagen und fahre nach Hause. Dann bleibt er eben illegal. Susanne Knaul