: Hafenarbeit kommt in die Kiste
Gewerkschafter sind „verzweifelt“: Konventioneller Umschlag im Hafen geht immer weiter zurück. 1000 Arbeitsplätze auf der Kippe ■ Von Peter Ahrens
Der natürliche Feind des Hafenarbeiters ist der Container. Auf den modernen Terminals braucht es fast keine Arbeitskräfte mehr – alles läuft durchautomatisiert, und die Männer, die heute noch im konventionellen Umschlag arbeiten, sehen ihre Felle langsam endgültig wegschwimmen. In Hamburg ist die Lage noch dramatischer als in den Konkurrenzhäfen – während Antwerpen und Bremen beim konventionellen Umschlag zuletzt sogar Zuwächse hatten, geht er in Hamburg kontinuierlich zurück. Die Gewerkschaft ÖTV schlägt jetzt Alarm: 1000 der 2500 Arbeitplätze im konventionellen Umschlag stünden auf der Kippe.
Konventioneller Umschlag – das sind die Güter, die man schlecht in eine Kiste packen kann: Eisen und Stahl, ganze Bergwerkseinrichtungen, riesige Förderbänder, mobile Kräne, komplette Kraftwerke, die zerlegt aufs Schiff gepackt werden. Ein Markt dafür sei immer noch da, ist Gerald Kemski, ÖTV-Vertrauensmann beim Buss-Konzern im Hafen, überzeugt. Die Gewerkschaft hat sich extra ein Gutachten der Technischen Universität Harburg besorgt, um das wissenschaftlich zu belegen. Trotzdem: Die Hamburger Hafenwirtschaft setzt voll und ganz auf die Container-Karte – mit der Folge, dass die Arbeitsplätze verschwinden.
„Inzwischen sind wir verzweifelt, es passiert einfach nichts“, sagt Kemski. Die klassischen Hafen-Traditionen wie die Stauerei – sie drohen auszusterben, weil, so die Gewerkschaft, die Unternehmen sich einfach nicht darum bemühen, konventionellen Umschlag nach Hamburg zu holen: „Da hat sich jahrelang keine Sau drum gekümmert.“ 1996 haben bei der Stauerei von Buss noch 500 Leute gearbeitet, heute sind es gerade mal 100. „Alle zwei Jahre haben wir einen Sozialplan aufgelegt, mal 50 Mann entlassen, dann wieder 100 Mann – dieses Spiel machen wir jetzt nicht mehr mit“, sagt Stauer Erich Gevers.
Der Containerisierungsgrad in Hamburg liegt heute bei 92 Prozent, von 36 Millionen Tonnen, die im Hafen umgeschlagen werden, laufen nur noch 3,7 Millionen konventionell. Während die Vermarkter des Hafens laufend neue Rekordzahlen melden, stehen die Arbeiter am anderen Ende der Kette und fürchten um ihre Existenz. „Die meisten der Arbeiter werden in ihrem Alter keinen anderen Job mehr finden“, sagt Kemski und ist genau wie Kollege Jörg Stange Realist: „Wir sind alle keine Traumtänzer, die glauben, den Container noch verhindern zu können.“
Die Arbeiter wünschen sich nur, dass die Unternehmen sich aktiv bemühen, konventionelles Stückgut nach Hamburg zu holen und dafür Konzepte auf den Tisch packen. Druck ausüben, das wissen sie, geht schon lange nicht mehr: „Das Druckpotenzial von Arbeitnehmervertretungen ist hier schon sehr begrenzt.“
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