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Bulette für Fischköppe

Der „Tagesspiegel“ will mit der Übernahme der „Hamburger Rundschau“ lokal glänzen. Doch die hat gerade ihre komplette Redaktion entlassen

von KAI VON APPEN

Es ist sicher keine innige Liebe, dennoch wollen sie eine enge Beziehung eingehen: die Hamburger Rundschau (HR) und der Berliner Tagesspiegel. Schon ab April soll die Hamburger Wochenzeitung mit einem Lokal- und Veranstaltungsteil jeweils donnerstags der Hamburger Tagesspiegel-Auflage beiliegen.

Spätestens seit dem Regierungsumzug nach Berlin versucht der schwer vom Hauptstadt-Wettbewerb gebeutelte Tagesspiegel in Hamburg als weitere überregionale Zeitung Fuß zu fassen, um so die zusätzlichen Berliner Aktivitäten der Konkurrenz von der Süddeutschen Zeitung bis zur FAZ zu kontern. Mit der HR-Beilage wäre der mehrheitlich zur Holtzbrinck-Gruppe (u. a. Handelsblatt, Zeit, Saarbrücker Zeitung) gehörende Tagesspiegel neben der Welt und der taz die dritte überregionale Zeitung mit Hamburger Lokalteil.

Überdies kauft der Tagesspiegel mit dem Wochenblatt nicht nur einen renommierten Titel ein, sondern kommt an die immerhin 1.600 Namen starke Abonnentenkartei – und dürfte zumindest donnerstags auch die rund 1.700 Kioskleser anziehen, die bislang der HR die Treue gehalten haben. Im Gegenzug übernehmen die Berliner sämtliche Kosten für Druck und Vertrieb.

Den beiden Rundschau-Eigentümern, dem Kunsterben Hans Barlach und dem Hamburger-Morgenpost-Chefredakteur Josef Depenbrock, bleibt keine Alternative zu diesem Deal. Denn beide hatten seit Übernahme des HR-Verlags Himmelblau im April 1999 auf das falsche Konzept gesetzt: Die lokale Wochenzeitung sollte mit überregionalen Themen überleben. Die neuen Eigentümer bauten die Lokalredaktion ab und kauften den überregionalen „Mantel“ vom Freiburger Gruner + Jahr-Gratisblatt Zeitung am Sonntag ein. Dazu wurde eigens der HR-Erscheinungstag von Donnerstag auf Montag verlegt, was zu Qualitätseinbußen beim Veranstaltungskalender führte und weitere Leser kostete.

Vor wenigen Wochen kam es zum bisher größten Knall: Weil die verbliebenen HR-Journalisten dem Gespann Barlach und Depenbrock Missmanagement vorwarfen, feuerte dies prompt den Rest der festen Redakteure. Und nachdem sich Gruner + Jahr von der Zeitung am Sonntag zurückgezogen hatte, standen Depenbrock und Barlach nun auch noch ohne Mantel da. Kommt die Zeitungsliaison nicht zustande, steht die HR in ihrer fast 20-jährigen Geschichte also wieder einmal unmittelbar vor dem Aus.

Beide sind daher an der Kooperation mehr als interessiert. Depenbrock zur taz über den Tagesspiegel: „Das ist eine Zeitung, die in Hamburg gut ankommen würde – nicht Springer pur.“

Es gibt nur ein Problem: Tagesspiegel-Geschäftsführer Joachim Meinhold möchte gern „den Lesern auf 24 Seiten Lokalteil und Veranstaltungskalender bieten“. Aber derzeit hat die HR doch gar keine richtige Lokalredaktion.

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