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Tauziehen um „Hafen der Zukunft“

■ Für noch größere Containerfrachter wird ein Tiefwasserhafen gesucht / Jetzt ist der Streit, ob Cuxhaven oder Wilhelmshaven das Rennen macht, zwischen Bremen und Hamburg voll entbrannt

Hinter den Kulissen wird derzeit um die norddeutsche Hafenpolitik gerungen: Soll an der Nordseeküste ein „Tiefseewasser-Hafen“ gebaut werden oder nicht? Wenn ja, ist Wilhelmshaven in der Nähe zu Bremerhaven oder Cuxhaven an der Elbmündung, also im Umfeld Hamburgs, der auserwählte Standort? Weitreichende Zukunftsfragen stellen sich da, aber das ist nichts für Parlamentarier, scheint der Bremer Senat zu denken: 17 klare Fragen haben die Bremer Grünen dazu jetzt im Rahmen einer „Großen Anfrage“ gestellt. 17-mal will sich der Senat in seiner Antwort dumm stellen, will nichts sagen, will nichts wissen und sich einfach für unzuständig erklären.

In dem Entwurf einer Antwort, der der taz vorliegt und der am kommenden Dienstag vom Senat abgesegnet werden soll, gibt dieser vor, nicht einmal die „Machbarkeitsstudie“ für den Standort Wilhelmshaven zu kennen. Wie bewertet der Senat das Hamburger Interesse, das Projekt in seine Nähe – nach Cuxhaven – zu ziehen? „Eine solche Bewertung ist gegenwärtig nicht möglich.“ So will der Senat die Volksvertreter abspeisen.

Bei der Firma Eurogate, die mit der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) eng verbunden ist, verfolgt man das Spielchen mit Missfallen. Im Februar schon hatte die Eurogate unter dem Namen „Weser-Jade-Port“ ihr Interesse angemeldet, einen Tiefsee-Hafen in Wilhelmshaven zu bauen. In der internen Rechnung zählt die Kai-Anlage als „CT V“, also als Verlängerung der Bremerhavener Hafen-Kapazitäten. Niedersachsen würde sich an der Infrastruktur beteiligen, rechnet die Eurogate. Den Haupt-Teil der 1,5 Milliarden-Mark-Investition müsste man aber selbst aufbringen (die taz berichtete).

Zwei Tage vor der Pressekonferenz, auf der Eurogate die „Machbarkeitsstudie“, die der Bremer Senat nicht kennen will, vorstellte, meldete sich Hamburgs kommunaler Hafen-Boss, Peter Dietrich, von der „Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft“ (HHLA). Für ihn muss das Wilhelmshaven-Projekt eine Provokation sein: Einerseits wegen des Standorts hinter dem Jadebusen, für den Hamburg nicht „Hinterland“ werden kann. Die Warenströme gingen an Hamburg vorbei. Zweitens ist an Eurogate neben der BLG die private Hamburger Hafenfirma „Eurokai“ beteiligt – Dietrichs Haupt-Konkurrent.

Dietrich brachte damals Cuxhaven als besseren Standort in die Diskussion – damit wären Hamburg und seine HHLA wieder im Geschäft. „Eine vergleichende Standortanalyse ist unabdingbar, der Verzicht darauf wäre schlicht unseriös“, erklärte Dietrich.

Vor diesem Hintergrund gibt es auf die Frage, wie der Bremer Senat die Pläne für einen Tiefseehafen am Standort Cuxhaven bewertet, eine schlichte Antwort: Sie stören die Pläne der Eurogate und die Interessen Bremens gewaltig. Aber Bremen muss sich mit Niedersachsen verständigen, beide Standorte liegen auf niedersächsischen Gebiet. Und Niedersachsen hat nicht nur das Hamburger Interesse zu gewichten. Wirtschaftsminister Peter Fischer (SPD) hat seinen Wahlkreis in Cuxhaven und sich vor Ort schon für die Pläne ausgesprochen.

Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) hat jüngst mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten konferiert und im „Konsens“ erklärt, man müsse versuchen, die Hamburger HHLA „mit ins Boot“ zu bekommen. Eine Interessengemeinschaft „Deutsche Bucht“ gegen die Konkurrenz in Rotterdam müsse geschmiedet werden. Das war hoch gepokert. Wenn der Standort des Zukunftshafens „Cuxhaven“ heißt, wären die Hamburger dafür sicher leicht zu gewinnen. Verhandlungen mit Hamburg würden aber der Bremer BLG den Vorsprung, den sie bisher mit ihrem Standort Wilhelmshaven hatten, nehmen. K.W.

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