: Ist die ausländische Frau nur Opfer?
betr.: „Freiheit vor dem Mann“, „Wohl des Kindes entscheidet“, taz vom 17. 3. 00
Natürlich haben wir allen Grund, uns über die neue frauen- und kinderfreundlichere Ausländergesetzgebung zu freuen, die das Aufenthaltsrecht von Frauen und Kindern vom Bestand der Ehe löst. [...] Erschreckend finde ich dabei, welches Ausländerbild in euren Artikeln transportiert wird: der ausländische Mann als schlagendes, misshandelndes, vergewaltigendes und analverkehrendes Monster einerseits und die unterdrückte ausländische Frau als diesem hilflos ausgeliefertes Opfer andererseits.
Ist der ausländische Mann per se gewalttätig? Ist die ausländische Frau immer ein Opfer? Trennen sich ausländische Frauen von ihren Männern nur, wenn sie Opfer von Gewalt sind? Oder haben sie auch andere, eigene Gründe? Muss bei ausländischen Ehescheidungen weiter die Schuldfrage gestellt werden, weil sie in diesem allzu simplen Weltbild so einfach zu beantworten ist (während sie bei deutschen Trennungen schon lange keine Rolle mehr spielt)?
Soll die Autonomie ausländischer Frauen nur dann schützenswert sein, wenn sie sich vorher durch ausreichendes Erfüllen der Opferrolle für diesen Anspruch qualifiziert haben? Ausländische Frauen auf ihre Opferrolle zu reduzieren unterstellt, dass diese lediglich Objekt externer Umstände sind und spricht ihnen eine eigene Persönlichkeit, Individualität und subjektive Autonomie des Denkens, Fühlens, Handelns und Entscheidens ab – Werte, die emanzipierte deutsche Frauen vehement für sich beanspruchen. Klingt hier kulturelle Überheblichkeit durch? Dann würde die reduzierte Darstellung ausländischer Männer als Gewalttäter und die undifferenzierte Beschreibung ausländischer Frauen als deindividualisierte Opfer nicht nur ausländerfeindliche Klischees bedienen, sondern auch noch sexistische. ELKE STREIT, Bremen
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