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Schuld und Sühne

Ab dem ersten Mai werden die Buß- und Verwarnungsgelder bei Radfahrverstößen deutlich angehoben. In der Regel wird bald der doppelte Satz verlangt. Autofahrer sind von den neuen Tarifen weniger stark betroffen. ADFC: Die Regelung ist zum Teil unverhältnismäßig

von LARS KLAASSEN

Mit zehn Geboten ist es für den modernen Fahrradfahrer heutzutage schon längst nicht mehr getan. Doch nicht nur die Zahl der Ge- und Verbote ist seit Moses Zeiten ins Unermessliche gestiegen. Auch die Art der Sanktionen hat sich seither deutlich gewandelt. Zum Glück, könnte man sagen, denn bei praktiziertem „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ käme die Velo-Fraktion im Angesicht der automobilen Übermacht nicht unbedingt immer gut weg. Wer gegen das elfte Gebot – „Du sollst dich nicht erwischen lassen“ – verstößt, kommt bei den Freunden und Helfern jedoch auch nicht mit Stubenarrest oder Fernsehverbot davon. Ein paar Mark darf sich der libertinäre Radler seine Freiheiten schon kosten lassen. Bald werden es allerdings ein paar Mark mehr sein.

Der Bundesrat hat Anfang Februar den neuen Bußgeld- und Verwarnungsgeldern bei Verstößen im Straßenverkehr zugestimmt und damit den Weg für höhere Geldstrafen ab dem ersten Mai frei gemacht.

Vor allem Radfahrer werden die neuen Sätze zu spüren bekommen: Die Regelsätze bei Radfahrverstößen werden von bislang 10 Mark auf nunmehr 20 Mark verdoppelt, und einige besonders risikobehaftete Ordnungswidrigkeiten von Radlern werden zudem mit höheren Verwarnungsgeldern belegt.

Dabei scheint der Gesetzgeber jedoch in einigen Fällen die Verhältnismäßigkeit aus den Augen verloren zu haben. So muss ein Autofahrer, der eine Einbahnstraße in verkehrter Richtung durchquert, beispielsweise 40 Mark berappen; die gleiche Ordnungswidrigkeit mit dem Velo begangen, kostet schlappe 10 Mark weniger. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) spricht in solchen Fällen von einer „Schieflage“. Gehen doch vom „Geisterradler“ deutlich weniger Gefahren aus, als dies beim Kraftfahrzeugen der Fall ist.

Der ADFC-Bundesvorsitzende Wolfgang Große hat in einer ersten Reaktion die Erhöhung der Geldstrafen nicht kategorisch abgelehnt, aber beispielsweise die Einbahnstraßenregelung als verfrüht kritisiert: Die Fahrradnovelle, die in den Kommunen eine Freigabe der Einbahnstraßen für Radfahrer erleichtere, sei vielerorts noch nicht in die Praxis umgesetzt, andere versuchten gerade erst breite Erkenntnisse zu gewinnen. Große: „Der ADFC hält auch aus diesem Grund eine Verschärfung des Verwarnungsgeldkataloges zum jetzigen Zeitpunkt für verfehlt.“

Einzelne Verstöße, wie der gegen die Benutzungspflicht für Schutzstreifenmarkierungen oder das Fahren in Fußgängerbereichen, kosten nun 20 statt 10 Mark. Wer gegen Ausrüstungsvorschriften – etwa die Klingel oder die Beleuchtung betreffend – verstößt und kann auch mit höheren Sanktionen belegt werden: bei Behinderung mit 30, Gefährung mit 40 und Sachbeschädigung mit 50 Mark.

Auch die Missachtung der Radwegebenutzungspflicht, einschließlich Fahren in falscher Richtung, wird nun mit 40 Mark (bei Behinderung) oder gar 50 Mark (bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer) geahndet. Kommt es zu einer Sachbeschädigung, kostet der „Spaß“ bis zu 60 Mark.

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