: Defensiv-Phlegma
Nach dem Uefa-Cup-Aus von Werder gegen Arsenal London wird die Bremer Abwehrleistung bekrittelt
BREMEN taz ■ Da war es wieder, dieses Lächeln. Als alles vorbei und ein Desaster zu kommentieren war, da blickte Werder-Trainer Thomas Schaaf entspannt und durchaus freundlich in die Journalistenrunde und beantwortete geduldig alle Fragen. Da war es wieder, dieses Lächeln, mit dem Schaaf Niederlagen mimisch begleitet. Das war auch so, als Werder daheim von den Bayern abgeschossen worden war. Nun das Aus im Uefa-Cup. 2:4 gegen Arsenal London im Weserstadion. Ein Wunder fand Donnerstagabend nicht statt – mal abgesehen vom wunderbaren Fußball der Gäste.
Der Trainer Thomas Schaaf ist ein nüchterner Mann – und er lächelte, als würde er sich freuen, nach durchaus märchenhaften Monaten endlich wieder in der rauhen Realität gelandet zu sein. Die schlichte Erkenntnis vom Spiel: Sein Team ist noch weit weg von der Klasse, die ihm nach den Sensationssiegen gegen die krisengeschüttelten Teams aus Lyon und Parma angedichtet worden war. Eine europäische Spitzenmannschaft in Normalform – wie eben Arsenal – ist eine Nummer zu groß für die Hanseaten. Mindestens. So freute sich Schaaf, dass seine Truppe wenigstens das Beste gegeben hatte: „Das Feisch war willig, aber der Geist war eben nicht da“, sagte er.
Das Spiel ist schnell beschrieben: Werder rannte, Arsenal spielte. Werder suchte die Zweikämpfe, Arsenal gewann sie mit Technik. Werder stellte Abseitsfallen, Arsenal trickste sie locker aus. Werder stemmte sich mit aller Macht gegen den übermächtigen Gegner – der bewies seine Klasse mit Kontrolle und Abgeklärtheit.
Es war eine Lehrstunde: Kultur schlug Kraft 4:2. Es hätte auch schlimmer kommen können. Nach dem 2:0 für Arsenal im Hinspiel war klar, dass Werder bedingungslos stürmen musste und die Gäste gemütlich auf ihre Konterchancen warten konnten. Doch so vergnüglich einfach hatten sich die Londoner ihren Betriebsausflug nicht vorgestellt. Allein Parlour und Kanu zeigten so ziemlich jedem Bremer die Grenzen zwischen schierem Kampfeswillen und fußballerischem Können auf.
Die Bremer Niederlage war zuallererst das Waterloo für die Viererkette. Deren Chef Frank Baumann zeigt sich schon seit Wochen eher indisponiert. Überfordert waren Andree Wiedener und Torsten Frings. Nur Mike Barten konnte Kanu und Co. Paroli bieten. Was ihm ein Sonderlob vom Trainer einbrachte. „Wie er das gemacht hat, fand ich klasse“, meinte Thomas Schaaf. „Man muss das mal bedenken! Der hat im letzten Jahr noch gegen den TuS Celle gespielt!“
Schaaf muss seinen Kader verstärken. Der Maßstab heißt tatsächlich TuS Celle. Denn die Talente entstammen alle der Nachwuchstruppe des Ex-Amateurtrainers Schaaf. Und die brauchen noch Zeit, egal, ob sie Raschi Tjukuzu oder Björn Schierenbeck heißen. Alternativen sind rar.
Werder fehlt der Mittelbau. Der Ukrainer Skripnik ist über die Mitläuferrolle nie herausgekommen, sein Landsmann Maximov gibt seit Jahren das Fleisch gewordene Phlegma und produziert neben wenigen Kopfballtoren viele haarsträubende Fehlpässe.
Verbleiben die alten Haudegen Eilts und Trares, denen der Kräfteverschleiß anzumerken ist, die aber unverzichtbar sind. Nur mit ruhestandsnahem Personal und Frischlingen ist keine erfolgreiche Defensive zu machen. Mehr Tore als die Bremer haben nur die Kicker aus Leverkusen und vom HSV geschossen – doch selbst die Frankfurter Eintracht hat weniger kassiert. Und die steht auf einem Abstiegsplatz.
Werder Bremen: Rost - Frings, Barten, Baumann, Wiedener - Eilts (46. Maximow), Trares (46. Bogdanovic), Herzog, Bode - Pizarro, AiltonArsenal London: Manninger - Dixon, Adams (63. Petit), Grimandi, Lujni - Parlour, Vieira (77. Winterburn), Ljungberg, Silvinho - Kanu (70. Overmars), HenryZuschauer: 31 400, Tore: 0:1 Parlour (8.), 0:2 Parlour (25.), 1:2 Bode (41.), 1:3 Henry (59.), 2:3 Bogdanovic (60.), 2:4 Parlour (70.), Rote Karte: Henry (64./grobes Foulspiel)
Zitat:
TRAINER SCHAAF:
Das Fleisch war willig, aber der Geist wareben nicht da – oderumgekehrt?
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