piwik no script img

„Wahrheit über den Krieg?“

■ Bremer PDS-Mitglied holt Ausstellung zur Kosovo-Intervention vom Berliner Antikriegsmuseum an die Weser: Eine Suche nach der Wahrheit mit großer Bilderflut

„Es fing schon 1914 an. Damals wurde die gleiche imperialistische Politik gemacht, die auch 1999 zum Kosovokrieg führte. Um die deutsche Außenpolitik in Jugoslawien zu verstehen, gibt die Ausstellung Hintergrundinformationen“, erklärt das Bremer PDS-Mitglied Michael Kohl das Ziel der Fotoschau, die er jetzt zum ersten Jahrestag vom Kriegsbeginn im Kosovo nach Bremen geholt hat.

Bilder und Texte für die Ausstellung hat die Friedensbibliothek vom Antikriegsmuseum der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zusammengestellt. Mehrere Antikriegs- und Friedensini- tiativen aus Bremen unterstützen das Projekt, das das Geschehen der letzten Jahrzehnte in Jugoslawien mit unzähligen Schwarzweißfotos dokumentiert – dicht an dicht und in vier Reihen untereinander aufgereiht, auf mehreren Stellwänden, 33 laufende Meter lang.

Unterbrochen ist diese geballte Bebilderung lediglich von einigen Texttafeln – Zitate gegen den Krieg von Politikern, Schriftstellern und Botschaftern. Zu sehen sind vor allem Kriegsszenarien: Hinrichtungen, zerbombte Städte, Soldaten, verletzte Menschen zwischen Trümmern – Stellwände voller Schwarzweißfotos. Alle gleich groß im kleinen DIN-A4-Format. Ebenso überfrachtet wie die vier thematischen Schwerpunkte, die sich in ihrer Aufmachung nur schwer von einander abheben.

Allein die Schwerpunkt-Überschriften bieten eine kleine Orientierung – wie „Serbien muss sterbien“, dem ersten Ausstellungsteil zum Ersten Weltkrieg, in dem deutsche und österreich-ungarische Truppen einen Krieg gegen Serbien und Montenegro führten. Dann wechselt die Karton-Farbe, auf dem die Fotos kleben: Der zweite Schwerpunkt „Unternehmen Strafgericht“ präsentiert sich dem Besucher. Unter diesem Code-Namen überfiel die großdeutsche Wehrmacht im April 1941 die Stadt Belgrad – ohne Kriegserklärung.

Serbische Kundgebungen, albanische Unabhängigkeitsproteste und Kirchen aller Glaubensrichtungen zeigen dagegen später unter dem Motto „Der Nationalimus betrügt die Menschen“, wie der Nationalismus der unterschiedlichen Völker auf dem Balkan geschürt wurde – unterstützt durch die „verfrühte und falsche“ (Zitat: Helmut Schmidt) Anerkennung Kroatiens und Sloweniens durch die deutsche Außenpolitik, um schließlich beim letzten Ausstellungsteil der „Humanitären Intervention“ im Kosovo zu landen.

Extra gewählt wurde diese verharmlosende Kriegssprache, um laut Ausstellungs-Organisator und PDS-Mitglied Michael Kohl die Brutalität der „Intervention zu verschleiern“. Zu sehen sind verletzte Kinder, ein ausgebombter Bus, in dem 17 Menschen starben, brennende und zerstörte Häuser – Ausmaße eines Krieges, der nun auf Papier deutlicher wird als durch die Fernseh-Dauerberieselung im vergangenen Jahr. Trotzdem aber beantwortet dieses Leiden der Zivilbevölkerung nicht die Frage: „Wo ist die Wahrheit über den Krieg?“.

Und so gehen die Meinungen der BesucherInnen über die Ausstellung auseinander. Wo die einen beeindruckt sind von den erschreckenden Kriegsbildern und gerne „ein Begleitbuch“ hätten, „um sich zu Hause noch einmal alles vor Augen zu führen“, sind die anderen enttäuscht: Der „unglaubliche Schwenk der Grünen-Politik seit ihrem Regierungsantritt“ würde nicht gezeigt. Doch diese Kritik will der Ausstellungs-Organisator Kohl nicht stehen lassen: „Wir wollen auch keine aktuellen Politiker angreifen nach dem Motto: Außenminister Joschka Fischer ist ein Kriegstreiber.“

Die Ausstellung sei „keine Ausstellung der PDS“, macht das PDS-Mitglied klar. Vielmehr solle gezeigt werden, „wie die Deutschen immer wieder die Serben schlecht machen“ und sich einmischen, obwohl „sie eigentlich dort nichts zu suchen haben“. Für solche politischen Diskussionen rund um den Kosovokrieg seien ausstellungsbegleitende Veranstaltungen geplant. Tina Bauer

Die Wander-Ausstellung „Wo ist die Wahrheit über den Krieg?“ ist in der Zeit von Montag, dem 3. bis Samstag, dem 15. April im Konsul-Hackfeld-Haus, in der Birkenstraße 34, und außerdem vom 18. April bis 5. Mai im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Bremen-Nord zu sehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen