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Alles im Lot?

Das 2:1 der Eintracht über Bielefeld stärkt die Hoffnung der Frankfurter, erstklassig zu bleiben

FRANKFURT taz ■ Rüdiger kommt aus Bielefeld, spielt aber keinen Fußball. Es wäre ihm sogar ziemlich egal gewesen, dass die Arminia zu Gast bei der Eintracht war, wenn er nicht in den Frankfurter Stadtteil Riederwald umgezogen wäre. Einen Steinwurf vom Vereinssitz der Eintracht entfernt. So etwas ist kein Zufall. Niemals. Rüdiger interessiert sich ja nicht für Fußball. Da er aber weiß, dass sich der Autor dieser Zeilen umso mehr für Fußball interessiert, verwendet er bei Gelegenheit gerne den Fußball-Terminus: „So schnell kann ein Spiel kippen.“

Missgeschicke gab es am Samstag viele im Waldstadion. Fast kickten beide Teams, als wären sie schon jetzt ohne Lizenz zum Fußballspielen. Dabei hatte Schatzmeister Rainer Leben den drohenden Lizenzentzug für die Eintracht dementiert. „Die Eintracht vom 18. 11. 99 ist nicht mehr die vom 30. 3. 2000“, sagte Leben. Mit der Umwandlung eines ISPR-Kredites in Guthaben und der Aussicht auf einen Investor sei nun alles im Lot.

Die Eintracht werde die Lizenz bekommen, orakelt auch Magath vielsagend, nachdem er seinen Vertrag ohne Ausstiegsklausel bei Lizenzentzug bis 2003 verlängert hat – Manager ist er jetzt auch noch. Bald vielleicht sogar mehr: Einer wie Rainer Leben dürfte sich abgesichert haben – kann gut sein, dass Magath als Oberligatrainer in spe gleichzeitig noch die Geschicke der Eintracht-Schachabteilung übernehmen muss.

Doch noch hat Magath regelmäßig die schwarzen Figuren. Am Samstag gewannen die „auch einmal ein schwächeres Spiel“. Wie im Flipperautomat schoss die Kugel im Waldstadion zumeist über das Feld. Spielzüge gab es zwischen dem Vorletzten und dem Drittletzten selten. Dem Zufall war auf dem Platz Tür und Tor geöffnet – zweimal bei Bielefeld, einmal bei Frankfurt. Immer wieder fiel den Stürmern wie von Geisterhand gerührt das Leder vor die Füße – Torchancen satt. „Ein Spiel, dem man über weite Strecken die Angst angemerkt hat“, sagte Magath.

So war es nur stimmig, dass der als „Fußballgott“ gefeierte Abräumer Thomas Zampach beim 1:0 plötzlich allein vor dem Tor stand. Nach einer Stunde glich Weissenberger überraschend aus – so schnell kann ein Spiel kippen, wissen sie in Bielefeld. Trotzdem können die Flipperkönige von der Alm nun wohl endgültig für die zweite Liga planen. „Es sieht jetzt wohl so aus, dass wir uns verabschieden“, grantelte Hermann Gerland. „Seidenweich segelt der Ball über 40 Meter in unseren Strafraum“, beschrieb der Arminia-Coach die lange Flugkurve des Leders, das sich Alexander Schur beim entscheidenden Kopfball zum 2:1 erkämpfte.

Im Abstiegskampf hat die Eintracht damit das womöglich entscheidende Match am letzten Spieltag gegen den SSV Ulm in Reichweite. Derweil lauern Heckenschützen im Gesträuch des Riederwaldes. Die will Rainer Leben entdeckt haben: „Das erinnert mich stark an Filme mit John Wayne, in denen Lynchjustiz herrscht.“ Einige Konkurrenten wollen beim DFB einen Punkteabzug einklagen, weil die Frankfurter es mit den DFB-Auflagen nicht so genau genommen hatten. Trotz mehrerer vorhergehender Verstöße wurden im Rausch des Größenwahns in der Winterpause Spieler für fünf Millionen Mark nachgekauft.

Auch Felix Magath ist da inzwischen längst ein echter Eintrachtler: „Wir wollen ins internationale Geschäft“. Noch elf Punkte bis zur Champions League. Heute, noch lange bevor taz-Lesende aufgestanden sind, hat der „Schleifer“ seine Spieler schon wieder durch den Riederwald gejagt. Genau an dem Haus vorbei, in dem Rüdiger seit Samstag wohnt. Herzlich willkommen im Riederwald. Auch im Namen der Eintracht. KLAUS TEICHMANN

Eintracht Frankfurt: Heinen – Hubtschew – Kutschera, Kracht – Zampach, Schur, Heldt, Rasiejewski, Gebhardt (73. Schneider) – Yang (85. Hendricks), Reichenberger (46. Salou) Arminia Bielefeld: Miletic – Klitzpera, Stratos, Peeters – Rydlewicz, Bode, Hofschneider (82. Sternkopf), Weissenberger, Maul – Labbadia, van der Ven (58. Wichniarek) Zuschauer: 28.000; Tore: 1:0 Zampach (39.), 1:1 Weissenberger (61.), 2:1 Schur (73.)

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