: Gerät Mamma-Screening ins Wackeln?
■ Keine Brustkrebsvorsorge ohne Frauen: Breites Bremer Frauenbündnis will stärkere Einbeziehung / Frauenbeauftragte will nicht nur Alibi liefern – sie stellt klare Forderungen
Ein breites Bündnis Bremer Frauen steht gegen die bisherigen Planungen zum Mammographie-Screening auf. Die als Modellprojekt geplante, flächendeckende Reihenuntersuchung von Frauen zwischen 50 und 70 Jahren gehe bislang „völlig über die Köpfe von Frauen hinweg“, kritisierten gestern die Landesfrauenbeauftragte, die Vorsitzende des Bremer Frauenausschusses und Vertreterinnen des Frauengesundheitszentrums, des Arbeitskreises Frauengesundheit (AKF) und der Deutschen Gesellschaft für psychosomatische Geburtshilfe und Gynäkologie (DGPGG).
Zugleich stellten die Frauen klar: „Auch wir wollen eine Verbesserung in der Brustkrebsvorsorge. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Mammographie-Screening.“ Allerdings müsse dies die besonderen Belange von Frauen berücksichtigen. Sonst berge die Reihenuntersuchung viele Risiken. Diese lägen beispielsweise in einem falschen Krebs-Befund – aber auch darin, „dass Frauen Angst bekommen, dass ihre Brust eine Zeitbombe ist. Und jede Frau trägt zwei vor sich her“, so die Landesfrauenbeauftragte. Hier müsse vorgebeugt und begleitet werden. Erneut forderte sie, eine vorgesehene psychosoziale Begleitforschung finanziell abzusichern und eine unabhängige Frauenberatungsstelle einzurichten. Auch müssten im Beirat, der das Projekt begleiten soll, Fachfrauen vertreten sein. Bisher sei sie – neben den finanziell Beteiligten – alleine dafür vorgesehen. „Als Alibifrau stehe ich aber nicht zur Verfügung.“ Sie erwarte Zusagen zu den Forderungen der Frauen, bevor Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen den neun Millionen Mark schweren Vertrag über Finanzierung und Organisation des dreijährigen Versuchs unterzeichnen.
Die scharfe Kritik am Bremer Modellversuch, den die Kölner Planungsstelle für Mammographie-Screening des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung koordiniert, habe sich über längere Zeit aufgebaut, sagen die Frauen. Übergelaufen sei das Fass, als jetzt eine Einladung zu einem hochrangig besetzten Expertenhearing über Mammografie-Screening am kommenden Samstag kurz vor Anmeldeschluss eintrudelte. „Eine Frechheit“, schimpft die Vorsitzende des Bremer Frauenausschusses, Annedore Windler.
Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete und Vorsitzende der Frauenunion, Windler, sitzt im Dachverband immerhin 42 Bremer Frauenorganisationen mit 140.000 Mitgliedern vor. Dessen Delegierte forderten bereits vergangene Woche eine stärkere Einbeziehung von Frauen in die Planungen. „Wir haben wohl keine eigenen Gedanken zu haben oder Gefühle zu entwickeln. Aber ohne uns Frauen kann man das Brustkrebs-Screening wohl nicht machen“, droht Windler deshalb mehr oder weniger unverhohlen. Denn bislang galt: 70 Prozent der Frauen in der Altersgruppe müssen sich beteiligen, damit wissenschaftliche Aussagen über deren – international umstrittene – Wirksamkeit zur Senkung der Todesfälle durch Brustkrebs getroffen werden können.
Der Kölner Planer, Lawrence von Karsa, zeigte sich gestern gegenüber der taz bremen vom Frauenprotest überrascht. Er kenne die Kritik nicht und könne sich deshalb schwer äußern, so Karsa. Zugleich betonte er, dass Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen sei, „damit Frauen eine informierte Entscheidung treffen können, ob sie am Screening teilnehmen wollen oder nicht“. Auch würden „die Bedürfnisse und die Erfahrungen der Frauen im Screening im Rahmen der Qualitäts-Sicherung erhoben und berücksichtigt.“ ede
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