: Shorts Story oder Das Loch
Ein Alltagskampf im Geschlechterkrieg zwischen Dusche und Bermudas
„Wo sind meine längs gestreiften Bermudas, du weißt doch, die mit den schmalen gelb-roten Streifen?“, schreit er zum Badezimmer hin. Sie steht unter der Dusche.
„Guck doch mal bei der Unterwäsche“, kommt es wasserverhangen, aber mindestens ebenso lautstark zurück.
„Hab ich schon, da sind sie nämlich auch nicht.“
„Hast du auch genau nachgesehen? Nicht dass ich sie dann finde, wenn ich nachgucke.“
„Na klar. Die hast du bestimmt wieder weggeschmissen, weil da irgendein kleines Loch drin war. Mann, wie mich das ankotzt. Wenn ich die jetzt nicht wiederfinde, kaufst du mir neue, sobald wir in Loret de Mar sind, das verspreche ich dir.“
„Was hast du gesagt? Ich versteh dich nicht. Hast du sie gefunden?“
„Neijein, verdammt, ich hab sie nicht gefunden. Wie soll ich sie finden, wenn du sie weggeschmissen hast, verdammt noch mal, verdammt, verdammt.“
„Warum soll ich die weggeschmissen haben. Wie komme ich denn dazu, die wegzuschmeißen ...“
„Weil du alles gleich immer wegschmeißt. Da muss nur mal irgendwo eine Naht aufgehn, ein Faden aufzurren – ab, weg damit, hat ja auch nichts gekostet. Die kann Mama doch noch mal ...“
„Guck doch erst mal bei den Sommersachen nach, unter den T-Shirts, rechts im Schrank.“
„Hab ich, hab ich, hab ich.“
„Aaaach, jetzt weiß ich wieder, die habe ich zusammen mit den Badesachen weggelegt, und die liegen unter den dicken Wintersocken, weil man die auch so selten braucht.“
„Na toll, wie soll man die da finden, kannst du mir das mal sagen? Ständig liegen hier Sachen nicht an Ort und Stelle.“
„Dann pack du das nächste Mal die Wäsche weg, Blödmann.“
„Oh no.“
„Gefunden?“
„Gefunden? Gefunden? Gefunden? Nein, nichts gefunden. Außer dem schwarzen Bikini, der dir längst zu klein ist.“
„So, jetzt reicht’s aber. Wir können auch gerne hier bleiben. Willst du lieber zu Hause bleiben, ja? Dann sag es, aber jetzt gleich, dein ewiges Genörgel ...“
„Schon gut. Ich habe keine Lust zu streiten, ich will nur meine gestreiften Bermudas wieder.“
„Warum müssen es denn unbedingt die gestreiften sein? Die waren doch schon so oll und ausgebleicht, hatten die nicht sogar ein Loch vorne im Schritt?“
„Ja genau, und deshalb hast du sie weggeschmissen. Gib es endlich zu. Ich weiß es genau.“
Das Telefon klingelt energisch.
„Hör zu, das Telefon klingelt, wenn ich wiederkomme, bist du raus aus der Dusche, damit es hier mal weitergeht.“
„Also, du spinnst ja wohl total.“
„Jaaa? Ach, du bist’s Mama. Hallo. Ja. Klar. Ja ja. Ach? Nein? Hähä. Ja, ich komme nachher vorbei. Klar. Ja, bis dann. Tschüssi.“
„Sag mal, Schatz, freust du dich eigentlich auf den Urlaub?“
„Nee, jetzt nicht mehr.“
„Ach, das wird bestimmt ganz schön, die haben da immerhin schon 27 Grad. Mensch, ’n bisschen faul in der Sonne rumliegen, lesen, Strand und so. Hähähä, erst ein Capuccino, dann ein bißchen Vino und dann du.“
„Witzig. Wirklich witzig.“
„Sag mal, soll ich dich vielleicht eincremen, wir haben doch noch ein wenig Zeit?“
„Lass man.“
„Ich meine, wie letztes Jahr im Urlaub. Weißt du? Soll ich?“
„Zisch ab. Zisch einfach ab.“
„Jetzt biste wieder sauer, ne? Man darf hier nichts sagen. Das ist das Komische in diesem Haus, aber wenn du mal ... Ach, dann eben nicht, ich fahr mal schnell zu Mama. Was holen.“
Schlüssel greifen und ab. Die Dusche brummt. FRANK SCHÄFER
Zitat:Nein, verdammt, ich hab sie nicht gefunden. Wie soll ich sie finden, wenn du sie weggeschmissen hast, verdammt ...Wir können auch gerne hier bleiben. Willst du lieber zu Hause bleiben, ja? Dann sag es, aber sag es gleich ...
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