: Absturz in Berlin
Ob der neue Großflughafen Schönefeld 2007 in Betrieb gehen kann, steht weiter in den Sternen
Eins muss man ihnen lassen – den drei Berliner Flughäfen: Sie versprühen Charme, den Charme westdeutscher (Tegel und Tempelhof) und ostdeutscher (Schönefeld) Provinzbahnhöfe aus längst vergangenen Zeiten. Während der Leipziger Flughafen gänzlich saniert wurde und es der neue Prager Airport fast schon mit Amsterdam und Brüssel aufnehmen kann, kommen die Planungen für den künftigen Großflughafen in Berlin-Schönefeld seit Jahren kaum voran.
Statt dessen hat jetzt die Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) auf Druck der Wirtschaftslobby beschlossen, knapp 25 Millionen Mark zukunftsrächtig zu investieren – in den Ausbau des zur Schließung vorgesehenen Stadtflughafens in Tegel.
Grund dafür sind die steigenden Passagierzahlen in der Region. 1999 wurde die 12-Millionen-Marke überboten, freute sich gestern BBF-Finanzchef Andreas Foidl. Und schickte einen Superlativ hinterher: Das Jahr sei für die BBF das „bisher erfolgreichste ihrer Geschichte“ gewesen. Das verwundert durchaus – angesichts der Megapleite bei der BBF-Privatisierung.
Nach jahrelangen Querelen zwischen Berlin und Brandenburg über den Standort des künftigen Großflughafens einigte man sich 1996 darauf, Schönefeld auszubauen und dafür Tegel und Tempelhof zu schließen. Im Frühjahr 1999 haben dann die BBF-Eigner, die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund, eine 100-prozentige Privatisierung an ein Konsortium um den Essener Baukonzern Hochtief beschlossen. Die Essener erhielten damit den Zuschlag für Bau und Betrieb des künftigen Großflughafens, ein Acht-Milliarden-Mark-Projekt.
Erstmals in Deutschland sollte ein Airport gänzlich privat gebaut und betrieben werden. Doch das Ganze ging in die Hose. Im August erklärte ein Gericht die Privatisierungsverfahren für rechtswidrig, zu Beginn diesen Jahres schließlich schloss die BBF das Hochtief-Konsortium aus dem Verfahren aus – wegen gravierender Verstöße gegen die Vergabebestimmungen.
Jetzt verhandelt die BBF-Planungstochter PPS, die mittlerweile das Planfestellungsverfahren eingeleitet hat, nur noch mit dem IVG-Konsortium über die Privatisierung. Im Jahr 2003 soll nun mit dem Bau in Schönefeld begonnen werden. 2007 soll das Schmuckstück der Haupstadt den Betrieb aufnehmen. In 20 Jahren sollen hier bis zu 30 Millionen Passagiere jährlich abgefertigt werden. Ob das klappt, steht allerdings noch in den Sternen. Sollten die Verhandlungen mit der IVG scheitern, dürfte der Termin nicht zu halten sein.
Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer jedenfalls ist sich sicher: „Bis 2007 wird dieses Drehkreuz nicht da sein und auch in den Jahren danach nicht so schnell.“ Die Berliner könnten ohnehin auf den Großflughafen verzichten, wenn sie Schönefeld und Tegel behielten und Leipzig mitbenutzten. Eine Zugfahrt von Berlin nach Leipzig dauere demnächst nur eine Stunde, so Schommer. Genausoviel Zeit benötigt ein Pendler zwischen den Berliner Airports Schönefeld und Tegel. Ob nun mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. RICHARD ROTHER
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