: Holtzbrinck will nicht ins Erotik-Geschäft
Der Düsseldorfer Verlagsriese wähnt sich mit dem „Handelsblatt“ im ewigen Aufwind und präsentiert seine Wirtschaftszeitung als glasklaren Sieger im Wettbewerb mit dem Neuling „Financial Times Deutschland“
DÜSSELDORF taz ■ Welche Auswirkungen die Markteinführung der Financial Times Deutschland (FTD) für das Handelsblatt hat? „Das tut weh“, bilanzierte Heinz-Werner Nienstedt. Um dann süffisant hinzuzufügen: „Aber nur unseren Druckern, die nicht mehr wissen, wie sie unsere steigende Auflage bewältigen sollen.“
Auf der Jahresbilanzpressekonferenz der Verlagsgruppe Handelsblatt präsentierte sich gestern der Sprecher der Geschäftsführung mit sichtlich guter Laune. Die „deutliche Vorwärtsstrategie in allen Geschäftsbereichen“ habe sich ausgezahlt. Die relaunchten Flaggschiffe Handelsblatt, Wirtschaftswoche und DM bescheren Auflagenrekorde, „die sich übrigens nach dem Erscheinen der Hamburger Wirtschaftszeitung noch verstärkt haben“. Die FTD, so Nienstedt habe den Markt belebt, wovon jedoch ausgerechnet das Handelsblatt stärker als andere profitiere. Bei der FTD sehe es dagegen „nicht so glorios aus“. – Der Angriff von der Insel scheint vorerst einmal abgewehrt.
Das Geschäft mit Wirtschafts- und Finanzinformationen brummt – und der neue, alte Marktführer profitiert wie kein zweiter: In allen Geschäftsbereichen – Zeitungen, Magazine, Fachmedien, TV, Radio und Internet ebenso wie bei den Services – hat die Handelsblatt-Gruppe, die zum Holtzbrinck-Konzern gehört, 1999 Rekordergebisse erzielt. Der Gesamtumsatz stieg um 29,1 Prozent auf 678,8 Millionen Mark, die Anzeigenerlöse kletterten im Vergleich zu 1998 sogar um 32,6 Prozent auf 381,4 Millionen Mark. Bei solchen Zahlen ist wenig verwunderlich, dass das Unternehmen stolz seine Bilanzen der geneigten Öffentlichkeit präsentiert, ganz im Gegensatz zur geheimniskrämerischen Konzernmutter Holtzbrinck.
Jetzt plant die Verlagsgruppe die Gründung einer Handelsblatt-Online AG (Arbeitstitel). Denn: „Wirtschaft und Finanzen sind die Umsatztreiber im Internet“, hat auch Nienstedt bemerkt. „Neben Erotik – damit haben wir aber nichts zu tun.“PASCAL BEUCKER
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