: Vergeudete Ressourcen
betr.: „Razzien im Frankfurter Rotlichtmilieu“, taz vom 12. 4. 00
[...] Der höhere Polizeidienst versteht es mittlerweile, denselben Unfug, der früher im liberalbürgerlichen Spektrum unserer Gesellschaft zu Unmut führte, in der polizeilichen Praxis weiter zu betreiben – aber dem Zeitgeist entsprechend zu verpacken. „Es ginge nicht um die Frauen“, „es ginge um die Hintermänner“. „Man wolle den bösen Menschenhändlern ans Leder“, so und ähnlich lautet die Polizeilyrik heutzutage.
Dieses „Programm“ findet bundesweit statt. Hintermänner werden bloß in absoluten Ausnahmefällen erreicht. Das ist dann eher Kommissar Zufall, der das bewirkt. Was für eine Vergeudung von Ressourcen (Personal, Sachmittel, Energie, Zeit). Wenn die für diesen polizeilichen Spuk aufgewendete Arbeitszeit mit der zur Bekämpfung von Wirtschafts- und Umweltkriminalität bilanziert würde, wäre schnell festgestellt, dass bloß ein Bruchteil polizeilicher Ressourcen für die (komplizierte) Wikri aufgewendet wird. Aber wer will das schon? Es fehlt immer noch der politische Wille dazu. Und letztlich hat man für die Strichlisten (Festnahmen, Abschiebungen etc.) auf diese einfache Weise viel mehr „Erfolge“ zu melden. Und so „einfach“.
THOMAS WÜPPESAHL, Bundessprecher der BAG Kritischer Polizistinnen und Polizisten, Nottensdorf
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